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I Erwerbsarbeit, Eigenarbeit, handwerkliche Arbeit und Soziale Arbeit

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Die vergesellschaftende Kraft der <strong>Arbeit</strong><br />

schreibt: „Die DDR war eine planwirtschaftlich durchorganisierte <strong>Arbeit</strong>sgesellschaft in<br />

einem Land, für dessen Bevölkerung Fleiß, autoritäre Folgebereitschaft <strong>und</strong> Disziplin<br />

nie ein Problem gewesen sind“ (2001, S. 684). Sie „war eine <strong>Arbeit</strong>sgesellschaft – unter<br />

Abzug aller gerade auch durch die <strong>Arbeit</strong>erbewegung erkämpften politischen <strong>und</strong><br />

persönlichen Rechte, die dem einzelnen ermöglichen, Gefühle des Protestes genauso<br />

zum Ausdruck zu bringen wie Zustimmung, wenn es um die den öffentlichen Raum berührenden<br />

Fragen des eigenen Lebenszusammenhangs geht“ (ebd., S.685). <strong>Arbeit</strong> war<br />

in der DDR Teil der staatlichen Ideologie; in der Form von staatlich organisierter <strong>und</strong><br />

garantierter <strong>Erwerbsarbeit</strong> war es dem Staat möglich, <strong>Arbeit</strong> zum Sozialisationsmedium<br />

schlechthin zu machen. Wolfgang Engler (2005, S.53) beschreibt unter der Kapitelüberschrift<br />

„die Spinne <strong>Arbeit</strong>“ die Wolfener Filmfabrik, genau jene Fabrik, die für den<br />

Stadtteil prägend war, in dem heute das Kreativzentrum liegt (siehe auch Kap. II 3.1.2).<br />

„Die <strong>Arbeit</strong>sstelle bettete die Menschen in stabile soziale Beziehungen sowie in ein<br />

dichtes Geflecht gemeinschaftlicher Aktivitäten <strong>und</strong> individuell abrufbarer Dienstleistungen<br />

ein“ 6 . Müller (2003, S.9) schreibt in ihrem Text über Wolfen-Nord: „Der <strong>Arbeit</strong>splatz<br />

war Lebenswelt“. Die so erzeugte Bindungskraft der <strong>Arbeit</strong> hatte durchaus widersprüchliche<br />

Aspekte, wie Negt feststellt (vgl. 2001, S.684 ff.). Einerseits schuf sie ein<br />

„sinnvolles Kollektiv“, ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das heute in „ostalgischer Manier“<br />

gerne heraufbeschworen wird, andererseits folgte aus dem Abgeschnitten-Sein<br />

von Freiheitsrechten eine Verödung. Müller (2003, S.9) beschreibt, dass das „Prinzip<br />

Fremdversorgung“ zwangsläufig für eine soziale <strong>und</strong> kulturelle Entmündigung der <strong>Arbeit</strong>erschaft<br />

sorgte. Engler (2005, S.53) hält fest: „Als die Betriebe schlossen, kam den<br />

Menschen daher weit mehr abhanden als nur die bloße <strong>Arbeit</strong> Gelegenheit <strong>und</strong> Antrieb<br />

zu kollektiven wie persönlichen Unternehmungen.“ Die vergesellschaftende Kraft der<br />

<strong>Arbeit</strong> wirkte durchaus auch jenseits des Kapitalismus, sogar in spezifisch verstärkter<br />

<strong>und</strong> verlängerter Weise, da die Zweite Moderne in der DDR sozusagen erst mit der<br />

Wende Einzug halten konnte.<br />

1.2 Das Ende der <strong>Erwerbsarbeit</strong>?<br />

In den 1970er Jahren begannen sich erstmals Grenzen des Wachstums abzuzeichnen,<br />

die Endlichkeit der Ressourcen rückte durch die Ölkrisen ins Bewusstsein der Menschen<br />

<strong>und</strong> es traten Sättigungserscheinungen am Markt auf (vgl. Degele/ Dries, S. 16).<br />

Die Folge war, nach einer Periode von nahezu Vollbeschäftigung, eine steigende <strong>Arbeit</strong>slosenzahl.<br />

6 Engler führt eine Liste der betriebszugehörigen Einrichtungen auf, die deutlich macht, dass es<br />

sich um eine „R<strong>und</strong>umversorgung“ in allen Lebensbereichen handelte: sozialer, kultureller, materieller<br />

Bereich.<br />

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