I Erwerbsarbeit, Eigenarbeit, handwerkliche Arbeit und Soziale Arbeit
I Erwerbsarbeit, Eigenarbeit, handwerkliche Arbeit und Soziale Arbeit
I Erwerbsarbeit, Eigenarbeit, handwerkliche Arbeit und Soziale Arbeit
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Das Kempodium e. V. – Allgäuer Zentrum für Eigenversorgung<br />
Schulprojekten stattfindet. Dort wird gemeinsames Tätigsein in der Gruppe erfahrbar<br />
<strong>und</strong> ermöglicht ein Lernfeld für soziale Kompetenz, das von gegenseitigem Helfen <strong>und</strong><br />
Unterstützen (im Sinne von Kühnlein 1997, S. 44) geprägt ist.<br />
Darüber, ob in der offenen Werkstattnutzung „Begegnungen über das Werkstück“<br />
(ebd.) erfolgen, ob <strong>handwerkliche</strong>s <strong>Arbeit</strong>en eine Kommunikationsbrücke zwischen<br />
Menschen herstellt, haben wir keine spezifischen Aussagen erhalten. Erwähnt wurde<br />
diesbezüglich nur die Begeisterung darüber, was in der Kinderwerkstatt passiert.<br />
Wir halten dennoch an unserer Annahme fest. Dazu veranlasst uns zum einen unser<br />
kurzer persönlicher Einblick in die Werkstätten (zur Erinnerung: das Gruppengespräch<br />
fand im Werkstattbistro mit Blick in die Holzwerkstatt statt). Wir haben zwar keine empi-<br />
rische Beobachtung nach<br />
wissenschaftlichen Kriterien durchgeführt, hatten aber den<br />
Eindruck, dass dort sehr rege kommuniziert wurde. Zudem spricht die mehrfach als<br />
sehr angenehm beschriebene Atmosphäre im Kempodium dafür, dass die Menschen<br />
nicht einfach nur isoliert „nebeneinander vor sich hinarbeiten“. Welcher Qualität allerdings<br />
die zwischenmenschlichen Kontakte sind, welche Bedeutung sie für den oder die<br />
Einzelne/n haben, muss offenbleiben.<br />
<strong>Eigenarbeit</strong> für alle?<br />
Ausgehend von unseren Gesprächen kommen wir zu der Vermutung, dass <strong>Eigenarbeit</strong><br />
im Kempodium überwiegend in Ergänzung zur <strong>Erwerbsarbeit</strong> geschieht.<br />
Zwar wurde auch das Beispiel eines Sozialhilfeempfängers genannt, der die<br />
Werkstät-<br />
ten<br />
eine Weile genutzt hat. Dieser „hat dann auch ´ne Latte Schulden hier aufgebaut,<br />
aber er war auch hinterher da <strong>und</strong> hat die Schulden wieder abgebaut“ (W 866). Dieses<br />
Beispiel scheint aber eher eine Ausnahme darzustellen – was hinsichtlich der finanziel-<br />
len (<strong>und</strong> möglicherweise folgenden psychischen) Belastung auch nicht verw<strong>und</strong>erlich<br />
ist. Es bestätigt die Vermutungen der BesucherInnen, insbesondere der finanzielle As<br />
pekt stelle für Menschen mit wenig Geld eine Zugangshürde dar (siehe auch Kap. II<br />
4.2.4). Daneben wurden begrenzte Zeit- <strong>und</strong> Energieressourcen erwähnt.<br />
Dass <strong>Eigenarbeit</strong> nicht voraussetzungslos durchgeführt werden kann, haben wir bereits<br />
in Kap. I 2 festgestellt. Neben der dort genannten Hintergr<strong>und</strong>sicherheit, schätzen wir<br />
auf individueller Ebene die persönliche Lebenssituation der Befragten, unter Einbezug<br />
von<br />
Lebenslage <strong>und</strong> sich daraus ergebender Handlungsspielräume (vgl. Kap. I 4.5)<br />
sowie dem biografischen „Geworden-sein“, als entscheidend ein. Ihre Vorgeschichte,<br />
ihre Interessen, (Vor-) Erfahrungen <strong>und</strong> persönlichen Neigungen haben den NutzerInnen<br />
des Kempodium den Zugang zur <strong>Eigenarbeit</strong> erleichtert: zwei Teilnehmer haben<br />
zeitweise selber beruflich handwerklich gearbeitet, die beiden anderen erwähnten ei-<br />
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