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I Erwerbsarbeit, Eigenarbeit, handwerkliche Arbeit und Soziale Arbeit

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Handwerkliche <strong>Arbeit</strong>sprozesse<br />

Was hier als „wirkliches Handwerk“ bezeichnet wird, meint das vornehmliche <strong>Arbeit</strong>en<br />

mit den Händen. Innerhalb eines solchen Handwerks finden ganzheitliche <strong>Arbeit</strong>sprozesse<br />

statt. Ganzheitlich meint in diesem Zusammenhang, dass die einzelnen <strong>Arbeit</strong>svorgänge<br />

nacheinander bzw. aufeinander aufbauend <strong>und</strong> im Verb<strong>und</strong> miteinander erfolgen.<br />

Produkte werden in der Regel von der Planung über das Herstellen bis hin zum<br />

fertigen Werkstück manuell hergestellt. Auch wenn dabei Werkzeuge <strong>und</strong> Maschinen<br />

eingesetzt werden, die einzelne <strong>Arbeit</strong>sprozesse erleichtern <strong>und</strong> beschleunigen, so<br />

bleibt doch der Gesamtprozess in allen Phasen überschau- <strong>und</strong> beeinflussbar. Die<br />

Mitwirkung <strong>und</strong> Steuerung durch die <strong>Arbeit</strong>skräfte ist dabei zentral. <strong>Arbeit</strong>steilung findet<br />

nur partiell statt, typisch für das Berufsethos ist das so genannten „Allro<strong>und</strong>wissen“<br />

(vgl. Rumpf 2003, S. 125 f.).<br />

Zentral für die <strong>Arbeit</strong>sweise im so genannten „alten Handwerk“ 30 war das Erfahrungswissen:<br />

Handwerkliche <strong>Arbeit</strong>sweise kann als „Wissen aus Erfahrung“ beschrieben werden.<br />

Dieses Wissen geht über die Hände, bezieht alle Sinne mit ein – Handwerker sehen,<br />

hören, riechen, tasten ihre Produkte – <strong>und</strong> wird durch unzählige Wiederholungen gefestigt.<br />

Dazu tragen Erfolg <strong>und</strong> Misserfolg vollbrachter <strong>Arbeit</strong>sschritte bei <strong>und</strong> bestätigen<br />

<strong>und</strong> prägen es (vgl. Stöckle 1993, S. 259 ff.). Interessanterweise beschreibt Stöckle<br />

in seiner Untersuchung, dass es für die befragten Handwerker so gut wie kaum<br />

möglich gewesen sei, dieses Erfahrungswissen in Worten zu beschreiben. Es ist internalisiert<br />

<strong>und</strong> als Teil der Person stark mit ihr verwoben.<br />

„Das <strong>handwerkliche</strong> Erfahrungswissen bedeutet (idealtypisch) die Verfügbarhaltung<br />

<strong>und</strong> jederzeit mögliche Aktivierung sämtlicher Fähigkeiten <strong>und</strong> Fertigkeiten, die bei der<br />

Erreichung eines Produktionszieles oder Teilzieles nützlich sind“ (ebd., S. 263). Damit<br />

verb<strong>und</strong>en ist die Antizipationsfähigkeit in jedem Moment des Produktionsvorgangs, also<br />

die Vorstellungsfähigkeit im Hinblick auf die möglichen nächsten Schritte <strong>und</strong> Variablen.<br />

Somit kann dieses Erfahrungswissen als ganzheitlich bezeichnet werden – es<br />

sorgt auch dafür, dass die Spannung über den ganzen <strong>Arbeit</strong>sprozess durchgehalten<br />

wird. Stöckle (1993, S. 263) fasst zusammen: „Im Gegensatz zur industriellen oder<br />

30 Die charakteristische Darstellung <strong>handwerkliche</strong>r <strong>Arbeit</strong>sprozesse ist vornehmlich nachfolgenden<br />

Quellen entnommen, welche sich bei Interesse an der Thematik sehr gut zur Vertiefung<br />

eignen:<br />

• „Zukunftsfähigkeit durch Handwerk? (...)“ von S. Rumpf, der auf S. 95 ff. eine gute Zusammenfassung<br />

gibt <strong>und</strong> sich seinerseits auf die beiden folgenden Studien bezieht:<br />

• F. Stöckle: „Altes Handwerk im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert (…)“, eine Langzeitstudie zum „aussterbenden<br />

alten Handwerk“ in ländlichen Regionen Baden Württembergs. Untersucht wurden dabei<br />

insbesondere Handwerke des vorindustriellen Typs von ca. 1800 bis 1988.<br />

• C. Müller: „Von der lokalen Ökonomie zum globalisierten Dorf“, eine Untersuchung des Dorfes<br />

Borgentreich in Westfalen, wobei insbesondere die hohe Interdependenz (gegenseitige<br />

Wechselwirkung) von Handwerk <strong>und</strong> Landwirtschaft sowie u. a. nachhaltige Regionalentwicklungen<br />

in den Blick genommen werden.<br />

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