I Erwerbsarbeit, Eigenarbeit, handwerkliche Arbeit und Soziale Arbeit
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1.1.1 Kulturelle, philosophische <strong>und</strong> moralische Aspekte von <strong>Arbeit</strong><br />
Die vergesellschaftende Kraft der <strong>Arbeit</strong><br />
Eine andere Herangehensweise ist, zu fragen: Was nannten die Menschen in unterschiedlichen<br />
Zeiten <strong>Arbeit</strong> <strong>und</strong> welche Bedeutung wurde ihr jeweils zugemessen? <strong>Arbeit</strong><br />
wird dann in ihrem jeweiligen historisch-kulturellen Kontext gesehen <strong>und</strong> bewertet.<br />
Es wird deutlich, dass es eine absolute Antwort nicht gibt, dass es das Wesen der <strong>Arbeit</strong><br />
an sich nicht gibt (vgl. Engler 2005, S.22). Moralische <strong>und</strong> philosophische bzw.<br />
theologische Ansichten spielen für die Bewertung immer eine Rolle. Es wird aber auch<br />
deutlich, dass auch in der Vergangenheit das „Phänomen <strong>Arbeit</strong> in Abgrenzung zu anderen<br />
Tätigkeiten existiert“ (Giarini/ Liedtke 1998, S. 31) hat.<br />
Die ausführliche Betrachtung der historischen Entwicklung der kulturellen Bedeutung<br />
von Tätigkeiten, die <strong>Arbeit</strong> genannt wurden, ist in diesem Rahmen unmöglich. Um die<br />
Wandlungen des <strong>Arbeit</strong>sverständnisses deutlich zu machen, greifen wir nur einzelne<br />
Epochen heraus <strong>und</strong> stellen sie in Bezug auf ihr spezifisches Verhältnis zur <strong>Arbeit</strong> hin<br />
vor. Die Entwicklungen, die als Wegbereiter des bis heute geltenden <strong>Arbeit</strong>sverständnisses<br />
mit der (oben angeführten) Einengung auf <strong>Erwerbsarbeit</strong> maßgeblich sind, sollen<br />
ausführlicher behandelt werden.<br />
Notwendigkeit<br />
Am Beginn der menschlichen Evolution hatte alles Handeln nur ein Ziel: den eigenen<br />
Lebensunterhalt, die eigene materielle Existenz zu sichern <strong>und</strong> die der Sippe bzw. der<br />
Nachkommen. Die Lebensnotwendigkeit von Tätigkeiten wie Jagen, Sammeln, Herstellen<br />
von Werkzeugen etc. maß den Tätigkeiten selbst ihre Bedeutung <strong>und</strong> ihren Wert zu<br />
(vgl. Giarini/ Liedtke 1998, S. 34). Mit dem Gebrauch des modernen Wortes <strong>Arbeit</strong>, das<br />
zu dieser Zeit sicher kein Synonym kannte, könnte man sagen, dass <strong>Arbeit</strong> <strong>und</strong> Leben<br />
untrennbar eins waren.<br />
Unfreiheit<br />
In der griechischen Antike hatte sich eine Gesellschaft mit grob gesehen zwei sozialen<br />
Gruppen herausgebildet: Jene die arbeiten mussten, die dem Gesetz der Notwendigkeit<br />
unterworfen waren, <strong>und</strong> jene, die von der <strong>Arbeit</strong> befreit waren. Die erste Gruppe<br />
bildeten die Sklaven, Kinder, Frauen <strong>und</strong> Fremde (nicht zur Stadtgemeinschaft gehörende),<br />
die zweite Gruppe die freien volljährigen Männer, denen allein die Aufgabe der<br />
Gestaltung der Gesellschaft in der pólis (des Stadtstaates) zukam. Platon sah die eigentliche<br />
Bestimmung des Menschen in der bewussten schöpferischen Auseinandersetzung<br />
mit der Natur <strong>und</strong> der Gesellschaft. Hierfür war die Muße eine Gr<strong>und</strong>bedingung.<br />
Wer arbeiten musste, war damit unfrei <strong>und</strong> minderwertig. Frei war nur der vom<br />
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