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I Erwerbsarbeit, Eigenarbeit, handwerkliche Arbeit und Soziale Arbeit

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Das Kempodium e. V. – Allgäuer Zentrum für Eigenversorgung<br />

teurer sind: „also wenn ich das Bett jetzt komplett selber bestellt hätte, es wäre viel-<br />

leicht nicht so vornehm ausgeführt, das wäre aber billiger… Das wäre mit Sicherheit<br />

billiger“ (M 678-680). Sie betonten aber auch, dass es ihnen das – in Verbindung mit<br />

dem persönlichen Gewinn (siehe 4.2.1) – wert ist.<br />

Herr W äußerte zudem: „Also ich glaube, wer hier rein kommt, ganz egal, ob in die Me<br />

tallwerkstatt<br />

oder in die Holzwerkstatt <strong>und</strong> stellt von vorne herein ´ne finanzielle Berechnung<br />

auf, der is hier fehl am Platz…bin ich h<strong>und</strong>ert Prozent überzeugt. Der, der<br />

hier herkommt, sich etwas zu fertigen nach seinen Gedanken, nach seinen Maßen, der<br />

ist hier gut aufgehoben, <strong>und</strong> der muss allerdings in Kauf nehmen, dass es ´n klein wenig<br />

teurer werden kann. Es is leider so. Aber dafür hat er das Stück, was er sich vorge-<br />

stellt hat, vom Material, von den Maßen, <strong>und</strong> er hat etwas mitgenommen von ´ner<br />

<strong>handwerkliche</strong>n Fähigkeit, er hat etwas dazugelernt. (…) Sein Wissen erweitert“ (W<br />

664-676).<br />

Die hier geäußerte finanzielle<br />

Komponente impliziert, dass BesucherInnen es sich leis-<br />

ten können müssen, zu Beginn keine Berechnung aufzustellen. Daneben zeigt sich für<br />

uns ein weiterer Aspekt, nämlich die bewusste Entscheidung <strong>und</strong> das Wissen um den<br />

zusätzlichen Wert <strong>und</strong> Nutzen, der durch das selbst Fertigen erwachsen kann, zumin-<br />

dest aber eine Ahnung oder die Neugierde, sich darauf einzulassen. Menschen, denen<br />

diese Gr<strong>und</strong>lage fehlt bzw. die die Erfahrung um einen solchen Mehrwert noch nicht<br />

gemacht haben oder in deren Alltag sie keine Priorität einnehmen kann, ist somit der<br />

Zugang erschwert.<br />

Weitere Vermutungen, weshalb Menschen nicht oder weniger ins Kempodium kommen,<br />

waren auf gesamtgesellschaftliche Faktoren bezogen: „Also die Bevölkerung ist<br />

durch viele politische Entscheidungen irgendwie verunsichert <strong>und</strong> durch Steuererhöhungen<br />

<strong>und</strong> sonst was. Und jeder macht sich Gedanken: Wie kann ich denn später le-<br />

ben. Also versucht man, zur rechten Zeit,<br />

irgendwie auf die Bremse zu treten <strong>und</strong> zu<br />

sagen: Wir können gewisse Einschränkungen machen. Ich weiß nicht, ob das eine Fol<br />

ge davon ist. Jedenfalls in der Nutzung ist es auch etwas weniger geworden“ (W 288-<br />

293). Die Annahme geht dahingehend weiter, dass sich manche Menschen isolieren<br />

<strong>und</strong> mit strukturell bedingten Schwierigkeiten nicht nach außen treten: „Ich nehme an,<br />

die<br />

wirtschaftliche Entwicklung, die ganze Situation so, die Unruhe in der Bevölkerung<br />

(…) ich glaube, das trägt dazu bei, dass in gewisser Weise so ein ganz kleiner Rück-<br />

zug stattgef<strong>und</strong>en hat“ (W 299-302).<br />

Ein anderer Besucher mutmaßt „Vielleicht isch aber au nach Feierabend zu viel“ (G<br />

311) <strong>und</strong> spricht damit Belastungen an, die aus dem <strong>Erwerbsarbeit</strong>s-Alltag erwachsen:<br />

persönliche Ressourcen wie Energie, Kraft<br />

<strong>und</strong> Zeit stehen nur begrenzt zur Verfügung<br />

<strong>und</strong> müssen vorrangig für den Job eingesetzt werden.<br />

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