I Erwerbsarbeit, Eigenarbeit, handwerkliche Arbeit und Soziale Arbeit
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Die vergesellschaftende Kraft der <strong>Arbeit</strong><br />
lekom geschieht. Es ist uns bewusst, dass hier die beiden Enden der Lohnskala plakativ<br />
gegenübergestellt sind <strong>und</strong> dass zwischen diesen beiden Polen eine breit ausdifferenzierte<br />
„Mitte“ von Tätigkeiten mit entsprechender Entlohnung liegt. Es lässt sich aber<br />
unserer Ansicht nach verallgemeinernd vertreten, dass ausschlaggebend für die<br />
Lohnhöhe nicht die Frage ist, wie notwendig die zu erledigende <strong>Arbeit</strong> ist, sondern welchen<br />
Tauschwert sie auf dem Markt zu erzielen vermag.<br />
Der Wert der <strong>Arbeit</strong> bemisst sich außerdem immer noch an den Kategorien Männer<strong>und</strong><br />
Frauenarbeit. Auch wenn formal beiden Geschlechtern der Weg zu fast allen Berufen<br />
offensteht, so zeigt sich in der Realität, dass es „weibliche <strong>und</strong> männliche“ Berufe<br />
gibt, so genannte segregierte Berufe (der Anteil eines Geschlechts in dem Beruf liegt<br />
unter 30%), gibt. Männliche <strong>Arbeit</strong> wird durchweg höher bewertet <strong>und</strong> bezahlt als weibliche<br />
<strong>Arbeit</strong> 13 . Positionshierarchisch setzt sich die Segregation fort. Auch hier verbirgt<br />
sich ein Widerspruch: Die Verheißungen der Moderne legen nahe, alle Möglichkeiten<br />
stünden offen, strukturelle Hürden wirken jedoch unterschiedlich für die Geschlechter<br />
<strong>und</strong> die Folgen werden häufig dem Individuum selbst zugeschrieben.<br />
Die unterschiedliche Wertung der bezahlten <strong>und</strong> unbezahlten Tätigkeiten gilt auch heute<br />
noch. Dies zeigt u. a. die Tatsache, dass die Wirtschaftsleistung eines Staates am<br />
Bruttosozialprodukt gemessen wird, also an der Geldsumme, die die bezahlte produktive<br />
Leistung widerspiegelt <strong>und</strong> die unbezahlten Tätigkeiten außen vorlässt, sie werden<br />
schlicht nicht sichtbar (vgl. Giarini/ Liedtke 1998 S. 94). Auf der individuellen Ebene<br />
drückt sich dies in einem Verständnis aus, das lauten könnte: „Ich werde bezahlt, also<br />
habe ich gearbeitet. Das ist das COGITO der Lohnarbeitsgesellschaft“ (Engler 2004, S.<br />
103; Hervorh. i.O.). Dieselbe Tätigkeit hat einen anderen gesellschaftlichen Wert, je<br />
nachdem ob sie bezahlt ausgeübt oder unbezahlt geleistet wird, sie wird entweder dem<br />
produktiven oder dem nichtproduktiven Teil der <strong>Arbeit</strong> zugerechnet. Am Beispiel der<br />
Tätigkeit der Kindererziehung wird es deutlich: Wer (fremde) Kinder professionell erzieht,<br />
hat Einkommen <strong>und</strong> hat eigenständig Teil am System der sozialen Sicherung,<br />
wer eigene Kinder privat betreut <strong>und</strong> erzieht, ist bestenfalls über den Ehepartner abgesichert<br />
<strong>und</strong> ist finanziell gegenüber der Erzieherin benachteiligt 14 (vgl. Giarini/ Liedtke<br />
13 Das Einstiegsgehalt für eine FH-AbsolventInnen in Ingenieurberufen liegt derzeit bei ca.<br />
37.000 € - 39.000 €/ Jahr (www.ingenieurkarriere.de), das für SozialarbeiterInnen bei ca.<br />
32.700 € /Jahr (B<strong>und</strong>esagentur für <strong>Arbeit</strong> 2007 bei www.sueddeutsche.de). Soziologische Theorien<br />
feministischer Couleur sehen in der Abwertung der vorwiegend von Frauen ausgeübten<br />
Berufe die Produktion bzw. Reproduktion der hierarchischen Struktur des Geschlechterverhältnisses.<br />
Sobald Frauen einen <strong>Arbeit</strong>sbereich für sich „eroberten“, erfolgte dessen sukzessive<br />
Abwertung in Form geringerer Bezahlung, weshalb der Beruf für Männer unattraktiv wurde. Am<br />
Beispiel des Berufs des Sekretärs/ der Sekretärin kann diese Entwicklung gezeigt werden (vgl.<br />
Degele/ Dries, S. 215ff.).<br />
14 Wir sprechen hier nicht vom ideellen Wert, der den unbezahlten (meist Frauentätigkeiten) so<br />
gerne großzügig beigemessen wird. Das idealisierte Mutterbild hat auch im Jahr 2007 noch ve-<br />
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