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Pfalzrätliche Strafuntersuchung gegen Joseph Antoni Egger aus ...

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Prozessrechtliche Beurteilung<br />

teriellen Wahrheit. 537 Bei der Offizialmaxime 538 wird das Strafverfahren nicht<br />

wie beim Akkusationsprozess durch Klage eines Verletzten einer Straftat in<br />

Gang gesetzt, sondern von Amtes wegen durch die zuständigen Behörden bei<br />

Vorliegen des Verdachts einer Straftat. Das Untersuchungsprinzip besagt, dass<br />

sich die Untersuchenden über alle Umstände einer Straftat zu informieren haben,<br />

«so zu erfindung der warheyt dinstlich» 539 . Hier setzt auch das Prinzip der<br />

materiellen Wahrheit an: Es geht darum, Schuld oder Unschuld des Verdächtigen<br />

zu belegen, wobei das Gericht der Sache selbst auf den Grund zu gehen<br />

hat. 540<br />

Mittels der neuen Prinzipien wurde es möglich, Straftaten wirkungsvoller zu<br />

verfolgen. Die formellen Beweismittel des Eids und des Gottesurteils wurden<br />

zurückgedrängt. An ihre Stelle traten insbesondere der Zeugenbeweis 541 und vor<br />

allem die Folter. 542 Das Ermittlungsverfahren war ein wesentlicher Teil des Inquisitionsprozesses.<br />

Zur Bestrafung war das Geständnis des Angeklagten konstitutiv,<br />

543 <strong>aus</strong>ser er wurde durch zwei Tatzeugen überführt. 544 Aus einsichtigen<br />

Gründen kam es beim Inquisitionsprozess weit häufiger zur Anwendung der<br />

Folter als beim Akkusationsprozess. Im mittelalterlichen Parteiprozess führte<br />

das Geständnis nicht als Beweismittel, sondern als rechtsgestaltende Prozesshandlung<br />

des Beklagten zu dessen Verurteilung, weil es ihm die Führung des<br />

Entlastungsbeweises verunmöglichte. Dies änderte sich erst allmählich mit der<br />

– allerdings wohl auch diesbezüglich unterschiedlich konsequent angewendeten<br />

– Carolina, die erstmals auch die Überprüfung eines freiwillig abgelegten<br />

Geständnisses vorschrieb. 545 Es kam durch<strong>aus</strong> vor, dass im Wissen um die To-<br />

537<br />

538<br />

539<br />

540<br />

541<br />

542<br />

543<br />

544<br />

545<br />

IGNOR [2002], S. 17; JANSEN [2004], S. 55.<br />

Art. 6 CCC trägt die Überschrift «Annemen der angegeben übelthetter von der oberkeyt<br />

vnnd von ampts wegen».<br />

Art. 8 CCC.<br />

Ausführungen zu den drei Prinizpien bei IGNOR [2002], S. 17 f.<br />

Vgl. Kap. 5.3.2.<br />

POPPEN [1984], S. 10, § 2; GSCHWEND, Geständniszwang [2006], S. 166; vgl. Kap.<br />

5.5.4.2.<br />

VAN DÜLMEN, Theater [1995], S. 23 f. .<br />

Vgl. Kap. 5.3.1.<br />

Art. 54 CCC; KLEINHEYER, Geständnis [1979] weist darauf hin, dass der Nachdruck und<br />

die Sorgfalt, mit der die Carolina die Wahrheitskontrolle verlange, deutlich zeige, dass<br />

damit keineswegs Selbstverständliches <strong>aus</strong>gesprochen worden sei, S. 381, siehe auch<br />

S. 373 und 376.<br />

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