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Pfalzrätliche Strafuntersuchung gegen Joseph Antoni Egger aus ...

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Prozessrechtliche Beurteilung<br />

falls nicht erlaubt sein. 782 Wie letzteres in der Praxis umgesetzt wurde, ist jedoch<br />

schwer vorstellbar. Wenig wahrscheinlich ist, dass die Aussage, sich nicht selbst<br />

belasten und deshalb schweigen zu wollen, den Zeugen langfristig vor der Folter<br />

bewahrte, lieferte eine solche Aussage doch allenfalls ein <strong>aus</strong>reichend starkes<br />

Indiz zur Eröffnung eines Verfahrens <strong>gegen</strong> den Zeugen selbst.<br />

Nicht allein die durch die Folter zugefügten körperlichen Schmerzen machten<br />

dieses Instrument «wirkungsvoll». Für viele Inquisiten, wohl auch für gefolterte<br />

Zeugen, war sein infamierender, sozial stigmatisierender Effekt erheblich, sodass<br />

in vielen Fällen die Androhung der Folter genügte, um – zumindest beim<br />

einheimischen Angeklagten bzw. Zeugen – ein Geständnis bzw. eine Aussage<br />

zu erhalten. Der Gefolterte war mit dem Stigma des Unehrlichen, Unreinen versehen<br />

und wurde, unabhängig von der letztlich erfolgenden Bestrafung, oftmals<br />

<strong>aus</strong> der Gesellschaft <strong>aus</strong>geschlossen. 783<br />

Vor allem in der Epoche der Aufklärung äusserten sich zahlreiche Gelehrte<br />

umfassend zur Frage der Berechtigung der Folter. Den Juristen fiel es insgesamt<br />

schwer, auf dieses Beweishilfsmittel zu verzichten. 784 Kritische Stimmen zur<br />

Folter gab es dennoch – insbesondere bei Aufklärern und Reformphilosophen –<br />

viele. 785 Ab Mitte des 18. Jahrhunderts konnten diese nicht länger überhört werden.<br />

Die Rechtswissenschaft anerkannte allmählich die Achtung des Individuums<br />

durch den Staat, wie sie von den rationalen Naturrechtlern schon lange<br />

gefordert wurde, und den Anspruch der Verdächtigen auf körperliche Integrität.<br />

786 Am Ende der frühen Neuzeit brach nach und nach auch der Widerstand<br />

782<br />

783<br />

784<br />

785<br />

786<br />

ZEDLER [1751], Bd. 62, S. 102, Sp. 177.<br />

HÄRTER [2000], S. 471. Die Unehre, die ein Delinquent auch durch Urteil oder Strafe<br />

erlangen konnte, war äusserst folgenreich. Der Betroffene konnte nicht mehr auf sozialen<br />

Umgang hoffen, noch war er etwa in ein Amt wählbar; KNOTT [2006], S. 21.<br />

GSCHWEND, Geständniszwang [2006], S. 170.<br />

Als bedeutender Folterkritiker bekannt wurde der italienische Jurist Cesare Beccaria (geb.<br />

1738, gest. 1794), der mit seinem Werk «Dei delitti e delle pene», das weltweite Verbreitung<br />

fand, <strong>gegen</strong> die Folter ankämpfte und sich für deren Abschaffung einsetzte; BECCA-<br />

RIA [1766], XVI. S. 92 ff. Siehe auch SCHMOECKEL [2000], S. 180 ff.; RÜPING/JEROU-<br />

SCHEK [2007], S. 84 f.; BALDAUF [2004], S. 197; JEROUSCHEK, Beccaria [1998], insbes.<br />

S. 667, 670; HETTENHAUER [2004], S. 597, Rz. 1620 ff. Eine Übersicht über die Äusserungen<br />

weiterer bedeutender Folterkritiker liefern GSCHWEND, Geständniszwang [2006],<br />

S. 166 f.; SCHILD, Frag [2002], S. 138 ff.; BRUNS [1994], S. 48 ff.; BALDAUF [2004],<br />

S. 179 ff. Eingehend dazu SCHMOECKEL [2000], S. 112 ff.<br />

GSCHWEND, Geständniszwang [2006], S. 170.<br />

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