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Pfalzrätliche Strafuntersuchung gegen Joseph Antoni Egger aus ...

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Prozessrechtliche Beurteilung<br />

Damit war der Grundstein gelegt für das Institut der Aktenversendung, das bis<br />

ins 19. Jahrhundert hinein Bestand hatte. 677 Da die gelehrten Juristen oftmals ein<br />

spruchreifes Urteil zurücksandten, schlüpften sie auf diese Weise faktisch indirekt<br />

in die Rolle der eigentlichen Urteilsinstanzen; 678 die Voten der Rechtsgelehrten<br />

nahmen den Charakter von instanzgerichtlichen Weisungen mit Bindungscharakter<br />

an. 679 Nachteilig dabei war, dass die Gelehrten in der Regel nicht<br />

vor Ort waren und lediglich aufgrund der ihnen zugeschickten Akten «urteilten»,<br />

deren Auswahl zudem nicht immer willkürfrei getroffen worden war. So<br />

entstanden zwar bisweilen Gutachten von theoretisch hochstehendem Rechtsdenken,<br />

die aber zu im Einzelfall ungerechten Lösungen führen konnten. 680<br />

5.3.3.2 Sachverständige im Fall <strong>Egger</strong><br />

Die Obrigkeit nahm im Verfahren <strong>Egger</strong> ihre Begutachtungspflicht für die vermutete<br />

Tötung im Sinne des Beweisdenkens von CARPZOV ernst: Zur Bergung<br />

der Leiche von Catharina Himmelberger schickte sie neben dem Fiskal Zollikofer<br />

den äbtischen Leibarzt Rogg persönlich sowie den Chirurgen und Hofbarbier<br />

Wolff ins Galgentobel. Wenn auch nicht gerade das ganze Gericht die Leiche<br />

und den Fundort besichtigte, so nahm mit Zollikofer doch immerhin ein Vertreter<br />

des Gerichts am Augenschein teil. Die Hierarchie zwischen Rogg und Wolff<br />

war eindeutig: Der Chirurg wurde dem Leibarzt als Hilfe mitgegeben. Rogg<br />

hielt zwar fest, er habe Wolff und dessen Sohn den Körper der Leiche entblössen<br />

und die Rückseite des Leichnams untersuchen lassen, diese aber auch noch<br />

selbst untersucht. 681 Er erstattete seinen Bericht im Singular und machte deutlich,<br />

dass sein medizinischer Sachverstand für eine zuverlässige Beurteilung<br />

vollkommen <strong>aus</strong>reichte und er in dieser Hinsicht der Unterstützung des Chirurgen<br />

nicht bedurft hätte. Das Ansehen des Barbierchirurgen war deutlich kleiner<br />

676<br />

677<br />

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679<br />

680<br />

681<br />

SCHWERHOFF, Aktenkundig [1999], S. 36, SCHMIDT EBERHARD, Strafrechtspflege [1965],<br />

§ 118, S. 135.<br />

SCHMIDT EBERHARD, Strafrechtspflege [1965], § 118, S. 135; BALDAUF [2004], S. 93 f.;<br />

OESTMANN [2004], Sp. 128 ff.<br />

SCHWERHOFF, Aktenkundig [1999], S. 36.<br />

RÜPING/JEROUSCHEK [2007], S. 55.<br />

SUTER [1990], S. 2 f.<br />

Dok. 9, visum et repertum von Leibarzt Rogg, S. 2.<br />

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