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Pfalzrätliche Strafuntersuchung gegen Joseph Antoni Egger aus ...

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Prozessrechtliche Beurteilung<br />

genutzt, um den Inquisiten während der oft lange dauernden Verhöre stärker<br />

unter Druck zu setzen.<br />

Neben der konkreten Tat wurde das Leben des Verdächtigen vermehrt beachtet.<br />

Man forschte nach dem Lebenswandel und dem sozialen Status, früheren<br />

Strafen und Verfahren und allfälligen weiteren Taten, von denen die Untersuchenden<br />

noch keine Kenntnis hatten. 747 Sollten sich im Laufe des Verfahrens<br />

Anzeichen für ein weiteres Verbrechen finden, so wurde mitunter empfohlen,<br />

zur Erforschung jenes Verbrechens ein separates Verhör durchzuführen. Bei<br />

einigermassen beträchtlichen Verbrechen sei es nicht zweckmässig, diese zusammen<br />

zu untersuchen; der Ordnung halber seien vielmehr getrennte Prozesse<br />

mit eigenen Aktenfaszikeln durchzuführen. 748 Im Mittelpunkt der Fragen stand<br />

jeweils die Rekonstruktion des Verbrechens; die Ergründung der Motive war in<br />

der Regel zweitrangig. Die Befragung zielte auf die Überführung des Verdächtigen<br />

ab und nicht etwa auf seine mögliche Entlastung. 749<br />

Selbst wenn auf körperliche Gewalt im Verhör verzichtet wurde, waren die<br />

Verhörenden häufig einfallsreich bei der Herbeiführung eines Geständnisses.<br />

Obwohl die Amtsleute und Untersuchungsrichter keine geschulten Kriminalbeamten<br />

im heutigen Sinn waren, verfügten sie oft über grosse praktische Erfahrung<br />

im Umgang mit Untersuchungsgefangenen. Sie hatten den Machtvorteil<br />

auf ihrer Seite und verstanden es nicht selten, erheblichen psychischen Zwang<br />

<strong>aus</strong>zuüben. 750 Sie ermahnten zur Wahrheit 751 , schritten erforderlichenfalls zur<br />

Wiederholung des Verhörs, versuchten, den leugnenden Beschuldigten in Widersprüche<br />

zu verwickeln und vorhandene Widersprüche <strong>gegen</strong> ihn zu verwenden.<br />

Über das Ergebnis der Ermittlungen liess man den Inquisiten im Dunkeln<br />

oder teilte ihm Beweisergebnisse jedenfalls nur mit grösster Zurückhaltung mit.<br />

Die eigentliche Zermürbungstaktik enthielt neben den Wiederholungen der Be-<br />

747<br />

748<br />

749<br />

750<br />

751<br />

HÄRTER [2000], S. 469.<br />

KLEINSCHROD, Richter [1798], Bd. 1, St. 1, § 12, S. 26 f.<br />

VAN DÜLMEN, Theater [1995], S. 25.<br />

SCHWERHOFF, Aktenkundig [1999], S. 62.<br />

Die Ermahnung zur Wahrheit sollte nicht nur zu Beginn des Verhörs erfolgen. KLEIN-<br />

SCHROD hielt 1798 beispielsweise fest, die Ermahnung zur Wahrheit «muss aber im Fortgange<br />

des Processes so oft wiederholt werden, als sich eine specielle Gelegenheit dazu<br />

darbietet [...]; wenn z.B. der Inquisit in Rührung geräth, wenn ihm Lügen und Widersprüche<br />

vorgehalten werden»; KLEINSCHROD, Richter [1798], Bd. 1, St. 1, § 3, S. 5.<br />

141

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