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Pfalzrätliche Strafuntersuchung gegen Joseph Antoni Egger aus ...

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Materielle Beurteilung<br />

de damals jedoch nicht untersucht. Das Gericht ging schliesslich dem Motiv<br />

<strong>Egger</strong>s für die Entfernung des Herzens bei der Leiche von Maria Baumann nicht<br />

weiter nach.<br />

Die Leiche von Elisabeth Han hatte <strong>Egger</strong> nach ihrer Hinrichtung im Juni<br />

1773 <strong>aus</strong> ihrer Ruhestätte unter dem Galgen <strong>aus</strong>gegraben, ihr die Haut abgezogen<br />

und diese mit nachh<strong>aus</strong>e genommen. In der dritten Einvernahme vom<br />

20. Februar 1775 gab <strong>Egger</strong> an, die Haut der Leiche unter seinem Stadeldach<br />

aufs Stroh gespannt zu haben, worauf die Mäuse die Haut ziemlich zerfressen<br />

hätten. 977 Bei der vierten Einvernahme am 21. Februar 1775 nannte <strong>Egger</strong><br />

schliesslich den Grund für diese Tat: Ein Zimmermann habe ihm 14 Jahre zuvor<br />

gesagt, die Haut des St. Bartholomäi liege noch ganz im ehemaligen Kloster<br />

St. Katharina in der Stadt. 978 Damit lieferte <strong>Egger</strong> den Grund für das Häuten der<br />

Leiche von Elisabeth Han. Doch sein Experiment glückte offensichtlich nicht;<br />

die Haut blieb nicht etwa unbeschädigt wie jene des St. Bartholomäi, sondern<br />

wurde von den Mäusen zerfressen. <strong>Egger</strong> mochte diesen Versuch als Beweis<br />

dafür gewertet haben, dass im ehemaligen Kloster St. Katharina unmöglich noch<br />

die ganze Haut des St. Bartholomäi liegen könne, oder dass nur die Haut von<br />

Heiligen unbeschadet bleibe – da das Gericht diesen Versuch <strong>Egger</strong>s im Verhör<br />

nicht mehr aufgriff, bleibt unklar, welche Schlüsse <strong>Egger</strong> <strong>aus</strong> dem Ergebnis dieses<br />

Experiments gezogen hatte.<br />

Der menschlichen Haut wurde im abergläubischen Gedankengut grosse Bedeutung<br />

beigemessen. Abgezogene Haut spielte unter anderem in «volksmedizinischen»<br />

Riten eine Rolle, wo man etwa gegerbte Menschenhaut als geburtsfördernde<br />

Leibbinde umlegte. 979 Weiter herrschte bisweilen die Meinung vor,<br />

Leder <strong>aus</strong> Menschenhaut sei stärker als alles andere, aber mit solchen Schuhen<br />

dürfe man nie geweihte Erde betreten. 980 Mit Hilfe eines Gürtels <strong>aus</strong> Menschenhaut<br />

könne man sich in einen Werwolf verwandeln. 981 Leider verraten die Verfahrensakten<br />

im Fall <strong>Egger</strong> nicht, ob ihm derartiges Gedankengut bekannt war.<br />

977<br />

978<br />

979<br />

980<br />

981<br />

Dok. 2, Einvernahmeprotokoll <strong>Egger</strong>s, Antwort 154.<br />

Dok. 2, Einvernahmeprotokoll <strong>Egger</strong>s, Antwort 160.<br />

Wörterbuch des Aberglaubens [1989], S. 89 f.; Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens,<br />

Bd. 3 [1931], Sp. 1583 f.<br />

Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Bd. 3 [1931], Sp. 1584.<br />

Handbuch des Aberglaubens, Bd. 2 [1999], S. 344.<br />

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