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Pfalzrätliche Strafuntersuchung gegen Joseph Antoni Egger aus ...

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Materielle Beurteilung<br />

gar nicht möglich war. Dazu hätte es des Bewusstseins über die zerstörerische<br />

Wirkung solch roher Gewalt bedurft. Viele der untersuchten Fälle zeigten, dass<br />

solche nicht vor<strong>aus</strong>gesetzt werden konnte. 842<br />

Beleidigungen und insbesondere öffentliche Verdächtigungen wirkten sich<br />

oftmals existenzbedrohend <strong>aus</strong>. Geriet man in Verdacht, unehrlich zu sein, so<br />

konnte sich dies in wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht auf alle Bereiche<br />

des Lebens <strong>aus</strong>wirken. Die hauptsächliche Funktion der Beleidigung war<br />

somit nicht selten die soziale Kontrolle. Beleidigungen oder Anschuldigungen<br />

mussten <strong>aus</strong> diesem Grund erwidert resp. abgewehrt werden, sonst riskierte<br />

man, dass sie hängen blieben. 843 Diese Art der Gewalt beschränkte sich in der<br />

Vormoderne keineswegs auf Arme und Deklassierte, sondern kam durch<strong>aus</strong><br />

auch beim Adel vor. 844 Die Gewalt war stark männlich geprägt; Frauen traten<br />

nur selten als Täterinnen oder auch Opfer in Erscheinung. 845<br />

In der frühen Neuzeit herrschte zudem eine andere Leiblichkeit. Von klein<br />

auf war man eher an Schmerzen gewohnt als wir heute; Prügel in Familie und<br />

Schule waren üblich und viele Menschen litten an irgendwelchen akuten oder<br />

chronischen Schmerzen, die nicht adäquat behandelt wurden. 846 Die Menschen<br />

lebten ihre Leiblichkeit zudem spontaner <strong>aus</strong>, was sich etwa an der allgemein<br />

tieferen Schwelle der Ekel- und Schamgefühle zeigte. Eine anders als heute verstandene<br />

Unmittelbarkeit des Lebens zeigte sich in Wildheit und Übermut. Al-<br />

842<br />

843<br />

844<br />

845<br />

846<br />

SCHNABEL-SCHÜLE, Territorialstaat [1997], S. 246 f.<br />

TOCH [1993], S. 325.<br />

SCHWERHOFF, Aktenkundig [1999], S. 125.<br />

LOETZ [1998] sieht dies insbesondere darin begründet, dass Drohgebährden, die der körperlichen<br />

Auseinandersetzung oft vor<strong>aus</strong>gingen, zum «typisch männlichen Zeichenrepertoire»<br />

gehörten und für Frauen nicht ohne weiteres verfügbar waren, S. 277; siehe zum<br />

Thema Geschlecht und Kriminalität auch SCHWERHOFF, Aktenkundig [1999], S. 149 ff.;<br />

SCHWERHOFF, Gewaltkriminalität [2006], S. 64.<br />

SCHILD, Gerichtsbarkeit [1980], S. 93; BLESS-GRABHER [2003], S. 283.<br />

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