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Pfalzrätliche Strafuntersuchung gegen Joseph Antoni Egger aus ...

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Materielle Beurteilung<br />

fluss sich wandelnder gesellschaftlicher und religiöser Strukturen, Normen und<br />

Werte änderten sich auch die Inhalte des Aberglaubens. 924 Unterschieden werden<br />

etwa die Formen Observation (Beobachtung von Zeichen), Divination (willentlich<br />

herbeigeführte Orakel) und magische Kunst (Zauberei), fliessend sind die<br />

Übergänge zu Volksfrömmigkeit 925 und Astrologie. 926 Die Volksfrömmigkeit ist<br />

die synkretistische Form religiösen Denkens und Handelns von Individuen und<br />

Gruppen, die kirchlich vorgegebene Glaubensinhalte den eigenen Bedürfnissen<br />

anpasst. Sie spricht die Sinne, das Gemüt stärker an als den Verstand. 927<br />

Der Kampf <strong>gegen</strong> den Aberglauben geht mit der Aufklärung einher. 928 Neben<br />

der «gelehrten» Aufklärung, die bereits Ende des 17. Jahrhunderts begann, 929<br />

setzte in der Mitte des 18. Jahrhunderts eine sog. «Volksaufklärung» ein, die<br />

zum Ziel hatte, der breiten Bevölkerung vor allem natur-, aber auch andere wissenschaftliche<br />

Erkenntnisse zu vermitteln. 930 Alle Formen magisch-abergläubischer<br />

Frömmigkeit wurden scharf angegriffen. 931 Abergläubischen Vorstellungen<br />

und Praktiken versuchte man vermehrt vernunftkritisch zu begegnen und sie<br />

mit naturwissenschaftlichen Erkenntnissen zu widerlegen. Im Rechtssystem zogen<br />

vor allem das Strafrecht mit den Religionsdelikten und innerhalb dieser der<br />

Tatbestand der Zauberei 932 die aufgeklärte Kritik auf sich. 933<br />

924<br />

925<br />

926<br />

927<br />

928<br />

929<br />

930<br />

931<br />

932<br />

Zur kirchlichen Einflussnahme auf den Aberglauben LABOUVIE [1990], S. 15 ff.; SCHILD,<br />

Aberglaube [2004], Sp. 9 ff.<br />

Zum Begriff der Volksfrömmigkeit und der Kritik daran siehe HUGGER, Volksfrömmigkeit,<br />

e-HLS [2005].<br />

DERENDINGER, Aberglaube, e-HLS [2006].<br />

HUGGER, Volksfrömmigkeit, e-HLS [2005].<br />

SCHWEGLER [2002], S. 42. STUTE [1997], S.106, bezeichnete die Aufklärung als aktive<br />

und aggressive Kampfansage <strong>gegen</strong> Unvernunft und Aberglauben.<br />

Zu nennen sind <strong>aus</strong> jener Zeit etwa Schriften von Leibniz, Thomasius oder Wolff. Mit<br />

dem Thema Aberglaube bei einzelnen aufklärerischen Autoren befasst hat sich BAUSIN-<br />

GER [1963], S. 345 ff.<br />

SCHWEGLER [2002], S. 43. Der Aberglaube liess sich nur langsam zurückdrängen. So<br />

schrieb etwa ECCARD 1787, auch in diesem erleuchteten philosophischen Jahrhundert<br />

stosse man bei jedem Schritt auf einen Menschen, der abergläubisch genug sei, «jede ihm<br />

unerklärbare Erscheinung für Würkung einer übernatürlichen Ursache zu halten», S. 3 f.<br />

Sowohl Volksglaube wie auch Brauchtum, Wunderglaube und barocke Frömmigkeit<br />

wurden kritisiert, VAN DÜLMEN, Alltag, Bd. 3 [1994], S. 139. Siehe auch den Aufsatz von<br />

ECCARD [1787].<br />

Art. 109 CCC.<br />

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