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Pfalzrätliche Strafuntersuchung gegen Joseph Antoni Egger aus ...

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Prozessrechtliche Beurteilung<br />

und Zeugen war lange unklar, Sachverständige wurden oftmals als «gelehrte<br />

Zeugen» angesehen. 662<br />

Auf der Grundlage der Carolina wurde in der frühen Neuzeit die priesterlichautoritäre<br />

Rechtsprechung nach und nach einget<strong>aus</strong>cht <strong>gegen</strong> eine Rechtsprechung,<br />

die der technisch-spezialistischen Vervollkommnung zugänglich und<br />

bedürftig ist. 663 Solange jedoch die religiöse Scheu vor Obduktionen 664 bestand,<br />

machte die Gerichtsmedizin nur langsam Fortschritte. Erste Leichenöffnungen<br />

finden sich <strong>gegen</strong> Ende des 16. Jahrhunderts, ein halbes Jahrhundert später setzten<br />

sie sich allmählich durch. 665 Die Aufgabe des medizinischen Sachverständigen<br />

im Strafverfahren lag darin festzustellen, ob überhaupt ein Verbrechen begangen<br />

worden war und wenn ja, welches. Schloss der Sachverständige auf ein<br />

Delikt, so bildete sein Gutachten die Grundlage für weitere Verhöre des Beschuldigten.<br />

Beim geständigen Täter spielten Gutachten für die Strafzumessung<br />

etwa dann eine Rolle, wenn unklar war, ob das Opfer an den Folgen der vom<br />

Täter zugefügten Verletzungen gestorben war. 666 Der Entscheid über den Beizug<br />

des Sachverständigen lag im Ermessen des Richters. 667<br />

Dem Einfluss der Lehren CARPZOVS ist es zu verdanken, dass der Beizug von<br />

Sachverständigen ab dem 17. Jahrhundert wesentlich aufgewertet wurde. Seiner<br />

Ansicht nach durfte beim Delikt der Tötung die Todesstrafe nur verhängt werden,<br />

wenn das Opfer von einem medizinischen Sachverständigen untersucht<br />

worden war. CARPZOV betrachtete die Todesstrafe nur als zulässig, wenn die<br />

dem Opfer vom Beschuldigten zugefügten Verletzungen per se tödlich waren,<br />

was ein Laie nicht beurteilen konnte. Die ärztliche Begutachtung wurde damit<br />

Bestandteil jedes Prozesses <strong>gegen</strong> Totschläger. 668 Diese strenge Praxis wurde ab<br />

dem 18. Jahrhundert wieder gelockert: Es setzte sich die Ansicht durch, die Begutachtung<br />

sei im Falle der nicht von Art. 147 CCC erfassten vorsätzlichen Tötung<br />

keine unverzichtbare Vor<strong>aus</strong>setzung für eine Verurteilung, solle aber nach<br />

662<br />

663<br />

664<br />

665<br />

666<br />

667<br />

668<br />

MASTRONARDI [1936], S. 20.<br />

FISCHER-HOMBERGER [1983], S. 26.<br />

Zur geschichtlichen Entwicklung der Obduktion siehe CRAMER [1885], S. 17 ff.<br />

VON FABRICE [1868], S. 247 f.<br />

BERNET [1967], S. 70 f. Zur Entwicklung einer rationalen gerichtsmedizinischen Lehre<br />

von den Wunden FISCHER-HOMBERGER [1983], S. 311 ff.<br />

Mit weiteren Literaturhinweisen POPPEN [1984], S. 74 f.<br />

POPPEN [1984], S. 77.<br />

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