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Pfalzrätliche Strafuntersuchung gegen Joseph Antoni Egger aus ...

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Materielle Beurteilung<br />

Spätestens seit <strong>Egger</strong>s Erklärungen vom 21. Februar 1775 zum Hintergrund<br />

seines Versuchs mit der Haut vermutete das Gericht, dass auch hinter den übrigen<br />

«Experimenten» Aberglaube stecken könnte. Beim Verhör <strong>Egger</strong>s vom<br />

22. Februar fragte man ihn, ob er nie etwas von Segensprechereien und dergleichen<br />

gehört habe. 982 Weiter befragte man seine Ehefrau am 23. Februar, was für<br />

Schriften, Bücher oder anderers bei ihnen zuh<strong>aus</strong>e vorhanden seien und was für<br />

Leuten <strong>Egger</strong> Unterschlupf gewährt habe. 983 Maria German erzählte daraufhin<br />

von einem Mann, der einmal eine Nacht in ihrem Stall übernachtet habe und<br />

abends bei ihnen in der Stube allerhand vom Krieg und der Galeere erzählt habe.<br />

Während des Frühlingsjahrmarkts habe zudem einmal ein Ehepaar vier oder<br />

fünf Nächte bei ihnen im Heu übernachtet. Sie wisse nicht, was <strong>Egger</strong> mit ihnen<br />

geredet habe. 984 Dem Gericht war bekannt, dass im Rahmen von Jahrmärkten,<br />

die viele Leute von <strong>aus</strong>wärts anzogen, die verschiedensten Geschichten erzählt<br />

wurden und auf diesem Weg häufig auch Aberglaube verbreitet wurde. Den<br />

Befragern lag offensichtlich daran her<strong>aus</strong>zufinden, was bzw. wer <strong>Egger</strong>s Neugierde<br />

geweckt haben könnte.<br />

Ob alle Versuche <strong>Egger</strong>s einen abergläubischen Hintergrund hatten, ist unklar.<br />

Der Leiche von Maria Baumann trennte er etwa Brust und «rückhengrath»<br />

her<strong>aus</strong>, letzteres angeblich, um sie besser transportieren zu können. 985 Ob dies<br />

tatsächlich der Grund war, ist zumindest fraglich. Denkbar wäre, dass nicht nur<br />

der Aberglaube <strong>Egger</strong> antrieb, sondern er die Gelegenheit nutzte und gleich<br />

noch detailliert betrachtete, wie der menschliche Körper von innen <strong>aus</strong>sieht.<br />

Doch dies bleibt Spekulation.<br />

Die Akten vermitteln das Bild, dass die Untersuchenden mit den Leichenschändungen<br />

<strong>Egger</strong>s überfordert waren. Zweifelsohne empfand man <strong>Egger</strong>s Experimente<br />

als abstossend und schockierend. Denkbar ist, dass hinter den «Versuchen»<br />

<strong>Egger</strong>s mit den Leichen ein sexuelles Motiv vermutet wurde; in diese<br />

Richtung zielende Fragen finden sich in den Verhörprotokollen und den übrigen<br />

Akten jedoch keine. Das Gericht unterliess es schliesslich, diese Taten rechtlich<br />

einzuordnen und selbstständig zu bestrafen. Auch wenn im Rahmen der pfalzge-<br />

982<br />

983<br />

984<br />

985<br />

Dok. 2, Einvernahmeprotokoll <strong>Egger</strong>s, Frage 222.<br />

Dok. 16, Zeugen<strong>aus</strong>sage der Ehefrau, S. 9.<br />

Dok. 16, Zeugen<strong>aus</strong>sage der Ehefrau, S. 10.<br />

Dok. 2, Einvernahmeprotokoll <strong>Egger</strong>s, Antworten 118 und 132.<br />

182

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