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Pfalzrätliche Strafuntersuchung gegen Joseph Antoni Egger aus ...

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Materielle Beurteilung<br />

dieser Version hielt er im letzten Verhör vom 7. März 1775 nur teilweise fest.<br />

Er gab zu, er habe mit Maria Baumanns Leiche die abergläubischen Erzählungen<br />

Gesers überprüfen wollen, beharrte jedoch darauf, in den Weihnachtstagen<br />

«weder rast, noch ruehe gehabt [zu haben], bis er es gethan habe». 971 Das Gericht<br />

glaubte ihm nicht. Die skeptischen Fragen, die <strong>Egger</strong> danach noch gestellt<br />

wurden, deuten darauf hin, dass die Verhörenden die Vorstellung sehr befremdete,<br />

jemand könne extra ein Grab <strong>aus</strong>räumen, um etwas vom Kirchhof bei sich<br />

zuh<strong>aus</strong>e zu haben und zu testen, ob es daraufhin tatsächlich «rumple» bzw. man<br />

vom Geist des Toten heimgesucht werde. Wie bereits erwähnt, waren derartige<br />

abergläubische Vorstellungen von den Geistern von Toten, die noch nicht erlöst<br />

worden waren und darum wieder zu den Menschen zurückkehrten, keine Seltenheit.<br />

Das Gericht zeigte dafür jedoch wenig Verständnis. Vor lauter Unglauben<br />

verzichtete es schliesslich sogar darauf, <strong>Egger</strong> nach dem Ergebnis dieses<br />

Experiments mit der Leiche der Wöchnerin zu fragen.<br />

<strong>Egger</strong> bestritt anfänglich, mit dem Leichnam von Maria Baumann irgendetwas<br />

gemacht zu haben. 972 Nach beharrlichem Nachfragen bekannte er schliesslich,<br />

das Herz her<strong>aus</strong>geschnitten zu haben, was er damit begründete, er habe<br />

verhindern wollen, dass es beim Transport ins Galgentobel tropfe. 973 Vor dem<br />

Hintergrund der anderen Experimente <strong>Egger</strong>s dürfte dies nicht die wahre Motivation<br />

gewesen sein. Freilich umgab auch das menschliche Herz vielfältiges<br />

abergläubisches Gedankengut. Das Herz gilt in Sagen und Märchen als Sitz des<br />

Lebens und der Seele, 974 herzförmige Amulette sollten <strong>gegen</strong> Verhexung und<br />

den bösen Blick helfen. Herzkrankheiten glaubte man von Dämonen verursacht.<br />

975 Fideli Burckhard, der Knecht des Scharfrichters, der im August 1773<br />

den in den Stauden des Galgentobels gefundenen Leichnam von Elisabeth Han<br />

wieder vergraben musste, hatte bereits damals gemutmasst, jener Leiche könnte<br />

das Herz <strong>aus</strong> dem Körper genommen worden sein, da «spizbueben allerhand<br />

abergläubische Sachen damit trieben». 976 Der Leichnam von Elisabeth Han wur-<br />

971<br />

972<br />

973<br />

974<br />

975<br />

976<br />

Dok. 2, Einvernahmeprotokoll <strong>Egger</strong>s, Antwort 241.<br />

Dok. 2, Einvernahmeprotokoll <strong>Egger</strong>s, Antwort 83, 92.<br />

Dok. 2, Einvernahmeprotokoll <strong>Egger</strong>s, Antwort 106.<br />

Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Bd. 3 [1931], Sp. 1797.<br />

Handbuch des Aberglaubens, Bd. 2 [1999], S. 364.<br />

Dok. 1, Zeugen<strong>aus</strong>sagen von Sattlermeister Wettach und den Knechten des Scharfrichters,<br />

S. 4.<br />

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