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Pfalzrätliche Strafuntersuchung gegen Joseph Antoni Egger aus ...

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Prozessrechtliche Beurteilung<br />

5.5.3 Die Verfahrensrechte <strong>Egger</strong>s<br />

Im Rahmen des Verhörs hatte <strong>Egger</strong> wiederholt Gelegenheit zur materiellen<br />

Verteidigung. Das Verhör war umfassend. Das Gericht setzte immer wieder aufs<br />

Neue bei denselben Punkten an und forschte nach Erklärungen für <strong>Egger</strong>s Verhalten.<br />

Man bemühte sich nach Kräften, <strong>Egger</strong>s Taten zu verstehen, und scheute<br />

kaum einen Aufwand, den Sachverhalt und die Motive <strong>Egger</strong>s genau abzuklären.<br />

Darauf deuten nicht nur die eingeholten medizinischen Berichte von Leibarzt<br />

Rogg, Chirurg Wolff und dessen Sohn sowie die Amtsberichte des Hofweibels,<br />

des Fiskals und des Hatschiers hin, sondern insbesondere auch die zahlreichen<br />

Zeugenbefragungen, die mit vielen Menschen <strong>aus</strong> dem Umfeld <strong>Egger</strong>s<br />

durchgeführt wurden. Auch dem Hinweis auf seine «Experimente» mit den Leichen<br />

von Maria Baumann und Elisabeth Han ging man so gut als möglich nach,<br />

indem man Johannes Geser <strong>aus</strong>findig machte und <strong>aus</strong>führlich einvernahm. 740<br />

Offenbar gab es keine Rechtsverbeiständungen, weder auf Seiten des Angeklagten<br />

noch auf Seiten der Zeugen. <strong>Egger</strong> hätte nach Meinung der Rechtsgelehrten<br />

des 18. Jahrhunderts zwingend ein Beistand zugeordnet werden müssen,<br />

da er Straftaten begangen hatte, für die er mit der Lebens- oder zumindest mit<br />

einer Leibesstrafe rechnen musste. Auch nach dem Konzept der Pfalzratsordnung<br />

von 1733 wäre der Beizug eines erfahrenen Advokaten vorgesehen gewesen.<br />

741 Die <strong>aus</strong>führlichen Protokolle enthalten jedoch keinen Hinweis darauf,<br />

dass <strong>Egger</strong> ein Berater zur Seite gestanden hätte, oder auch nur darauf, dass sich<br />

je einer der am Verfahren Beteiligten überlegt hätte, <strong>Egger</strong> einen Beistand zu<br />

gewähren. Wahrscheinlich wurde er über dieses grundsätzlich bestehende Recht<br />

gar nicht informiert, enthält doch das Protokoll dazu trotz seiner Ausführlichkeit<br />

und Genauigkeit keine Angaben. Jedenfalls ist auch aufgrund von <strong>Egger</strong>s unstrukturierten,<br />

sich teilweise widersprechenden und die Wahrheit nur zögerlich<br />

ans Licht bringenden Aussagen unwahrscheinlich, dass <strong>Egger</strong> in irgendeinem<br />

Schritt des Verfahrens ein Beistand zur Verfügung gestanden hatte.<br />

Ohne einen Beistand, der lesen konnte, nützte <strong>Egger</strong> das Recht auf Akteneinsicht<br />

im engeren Sinne nichts, war er selbst des Lesens doch nicht mächtig. Das<br />

Einvernahmeprotokoll <strong>Egger</strong>s lässt darauf schliessen, dass man ihm nicht alle<br />

740<br />

741<br />

Dok. 18, Zeugen<strong>aus</strong>sage von Johannes Geser.<br />

StiASG, Rubr. 28, Fasz. 3, Konzept S. 20, Ziff. 11.<br />

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