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Pfalzrätliche Strafuntersuchung gegen Joseph Antoni Egger aus ...

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Schlussbetrachtungen<br />

8 Schlussbetrachtungen<br />

Wie die Beurteilung der Akten zum Kriminalfall um den Totschläger, Leichenräuber<br />

und Leichenschänder <strong>Joseph</strong> <strong>Antoni</strong> <strong>Egger</strong> <strong>aus</strong> Tablat gezeigt hat, hat<br />

dieser Fall für die qualitative Fallanalyse einiges zu bieten. Der vorgegebene<br />

rote Faden des Falls ermöglichte das Aufgreifen vielfältiger Themen der <strong>aus</strong>gehenden<br />

frühneuzeitlichen Strafjustiz in der Fürstabtei St. Gallen. Die Akten sind<br />

annähernd vollständig und erlauben es, das Verfahren vom Anfang bis zum Ende<br />

nahtlos nachzuvollziehen.<br />

Das Vorgehen des ermittelnden Gerichts war in vielen Bereichen sorgfältig.<br />

So veranlasste es H<strong>aus</strong>durchsuchungen bei <strong>Egger</strong>, scheute kaum einen Aufwand<br />

bei den Zeugeneinvernahmen und bemühte sich nach Kräften, die Motive <strong>Egger</strong>s<br />

für seine Taten zu ergründen. Man verzichtete auf die Anwendung der Folter,<br />

wenngleich man dieses Mittel in Form der Androhung noch einzusetzen<br />

wusste. Mit dem Ziel der Aufklärung des Falls nutzte man auch die verbale Einschüchterung<br />

<strong>Egger</strong>s.<br />

Leider sind über die Beratung des Pfalzgerichts keine Details bekannt. Wie<br />

erläutert, kann jedoch darauf geschlossen werden, dass sich die Pfalzräte weitgehend<br />

einig waren, über <strong>Egger</strong> das Todesurteil mittels Hinrichtung durch das<br />

Schwert zu verhängen. Dabei liessen sie sich vermutlich von ihrem Moral- und<br />

Rechtsverständnis leiten, ohne dass sie über fundiertes juristisches Wissen und<br />

detaillierte Kenntnis der Carolina verfügt hätten. Eine exakte juristische Verortung<br />

des Falls unter Zuhilfenahme der Meinung von Rechtsexperten erschien<br />

wohl als unnötig, zumal die zu verhängende Strafe für die Pfalzräte ohnehin klar<br />

gewesen sein und nicht zu Diskussionen Anlass gegeben haben dürfte.<br />

Insgesamt waren Untersuchung, Beratung und Urteilsverkündung mehr oder<br />

weniger zeitgemäss. Bis zu den tiefgreifenden Veränderungen <strong>aus</strong>gangs des<br />

18. Jahrhunderts war die Fürstabtei St. Gallen weitgehend in den seit Erlass der<br />

Carolina geltenden Vorstellungen zum Strafsystem verhaftet. Dennoch lässt sich<br />

im Verfahren <strong>Egger</strong> auch der Geist des 18. Jahrhunderts erkennen, was die gewaltlosen<br />

Ermittlungsmethoden und die Verurteilung unter Verzicht auf Strafschärfung<br />

betrifft. Als deutliches Zeichen für die Wandelung der Rechtsvorstellungen<br />

seit dem 16. Jahrhundert erweist sich schliesslich auch die Begnadigung<br />

<strong>Egger</strong>s durch Abt Beda. Diese war weder im fürstäbtischen noch im europäi-<br />

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