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Pfalzrätliche Strafuntersuchung gegen Joseph Antoni Egger aus ...

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Materielle Beurteilung<br />

Leichenschändungen kamen einerseits vor als Abwehrakt <strong>gegen</strong> gefährliche<br />

Tote, deren Wiederkehr man fürchtete. Dies versuchte man etwa durch Pfählen<br />

oder Köpfen zu verhindern. Betroffen waren hingerichtete Verbrecher, vermeintliche<br />

Hexen, Zauberer und Vampiere sowie Wöchnerinnen und ungetaufte<br />

Kinder. 897 Andererseits diente die Leichenschändung der Gewinnung von Leichenfetischen,<br />

denen allerlei nützliche Wirkungen nachgesagt wurden. 898<br />

Die Carolina enthält keine Leichendelikte. 899 Art. 171 CCC behandelt nur den<br />

Diebstahl von heiligen oder geweihten Sachen an geweihten oder ungeweihten<br />

Stätten. Danach stehen drei Arten des Diebstahls unter Strafe: zum Ersten der<br />

Diebstahl einer heiligen oder geweihten Sache an geweihten Stätten, zum Zweiten<br />

der Diebstahl einer geweihten Sache an ungeweihten Stätten und zum Dritten<br />

der Diebstahl einer ungeweihten Sache an geweihter Stätte. In der Lehre<br />

werden die Leichendelikte nicht unter Art. 171 CCC subsumiert. 900 Leichendiebstahl<br />

und Grabschändung seien deshalb, so KESEL, nach der römischrechtlichen<br />

Bestimmung D. 47, 12 «de sepulcro violato» bestraft worden. 901 Diese wörtlich<br />

übersetzte «Grabschändung» der Römer, die mit dem Tod bestraft wurde, hatte<br />

nicht nur die Entweihung und Zerstörung eines Grabs, 902 sondern jede Verunglimpfung<br />

eines menschlichen Leichnams zum Gegenstand. 903 CRAMER hält fest,<br />

das Verbrechen der «sepulcri violatio» sei auch unter den christlichen Kaisern<br />

beibehalten worden. 904 Auch MERKEL weist betreffend Bestrafung für Leichenraub<br />

im gemeinen Recht auf die analoge Anwendung der römischen «sepulcri<br />

897<br />

898<br />

899<br />

900<br />

901<br />

902<br />

903<br />

904<br />

Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Bd. 5 [1933], Sp. 1093.<br />

Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Bd. 5 [1933], Sp. 1094; siehe sogleich<br />

Kap. 6.2.2.3.<br />

KESEL [1968], S. 10; MERKEL [1904], S. 28; ebenso BIERI [1954], S. 17. Zum Begriffsinhalt<br />

des Wortes «Leichnam» und seiner Entwicklung ENGLERT [1979], S. 114 f.<br />

Siehe etwa MERKEL [1904], S. 28.<br />

KESEL [1968], S. 10; MERKEL [1904], S. 25; siehe auch CRAMER [1885], mit Hinweisen<br />

zur in der Lehre vertretenen Ansicht der nach Begriff und Tatbestand unveränderten Rezeption<br />

der römischen «sepulcri violatio», S. 51.<br />

Der Glaube an den im Grab fortlebenden Toten führte dazu, dass auch das Grab als seine<br />

«Wohnung» nicht beschädigt werden sollte, ansonsten verbreitet eine Bestrafung durch<br />

den Toten selbst befürchtet wurde; Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Bd. 5<br />

[1933], Sp. 1094.<br />

BIERI [1954], S. 16. Leichenentweihungen wurden im römischen Recht häufig als Kapitalverbrechen<br />

betrachtet, siehe CRAMER [1885], S. 5 und 11 ff.<br />

CRAMER [1885], S. 49.<br />

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