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Pfalzrätliche Strafuntersuchung gegen Joseph Antoni Egger aus ...

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Materielle Beurteilung<br />

die Aufklärung jedoch eine an Schriftlichkeit und «vernünftigen» Regeln orientierte<br />

Bewegung, die somit lange Zeit kaum Eingang in das gemeine Volk<br />

fand. 939<br />

In der frühen Neuzeit erwarb die ländliche, aber auch die städtische Bevölkerung<br />

ihr praktisches wie ihr moralisches Wissen vor allem mündlich. Nur eine<br />

kleine Gruppe musste aufgrund ihres Amts oder Berufs über gelehrtes Wissen<br />

verfügen. Durch Schule oder Bücher vermitteltes Wissen gewann erst im<br />

18. Jahrhundert an Relevanz. 940 Das Erzählgut gehörte hin<strong>gegen</strong> schon früher<br />

zur Volksbildung. Auf diese Weise vermittelten nicht nur die Alten den Jungen<br />

ihr Wissen; gel<strong>aus</strong>cht wurde auch Fremden, 941 die von anderen Sitten, Menschen,<br />

allenfalls sogar Ländern berichten konnten. So wurden insbesondere die<br />

Jahrmärkte zu einer Art «Nachrichtenbörse», wobei stets auch Erzählungen über<br />

Gespenster, Teufel und Hexen zum Besten gegeben wurden. 942 Erst die Volksaufklärer<br />

begannen, die Erzählkultur zu kritisieren. Sie wandten sich <strong>gegen</strong> den<br />

beschränkten Wissensstand und waren der Ansicht, das Erzählen würde nicht<br />

nur den Aberglauben verbreiten helfen, sondern die Menschen auch ängstlich<br />

machen. 943<br />

Im Jahrhundert der Aufklärung sei vieles, das morsch und lebensunfähig geworden<br />

sei, gefallen und weggefegt worden, schrieb der St. Galler Nervenarzt<br />

KARL IMBODEN. Auch in der ärztlichen Wissenschaft sei noch manch mittelalterliches<br />

Trümmerstück für immer weggeräumt worden. 944 Bis ins Zeitalter der<br />

Aufklärung waren Wissenschaft und Bildung untrennbar mit der Religion verbunden,<br />

die als Legitimationsgrundlage und Welterklärungssystem den Staat<br />

und das gesellschaftliche Zusammenleben begründete. 945 Ab dem späten 17. und<br />

insbesondere im 18. Jahrhundert wurden Wissenschaft und Bildung schliesslich<br />

939<br />

940<br />

941<br />

942<br />

943<br />

944<br />

945<br />

VAN DÜLMEN, Alltag, Bd. 3 [1994], S. 214 f. Aller Aufklärung zum Trotz verlor auch die<br />

Volksfrömmigkeit im 18. Jahrhundert kaum an Stärke. Der Kirchgang war jedoch für viele<br />

Menschen mehr Sitte als spirituelles Bedürfnis. Man befolgte zwar die christlichen Gebote<br />

einigermassen, erwartete dafür aber auch gewisse Gegenleistungen; HAUSER AL-<br />

BERT, Leben [1987], S. 129.<br />

VAN DÜLMEN, Alltag, Bd. 3 [1994], S. 153 f.<br />

Unter ihnen gab es regelrechte Wandererzähler.<br />

VAN DÜLMEN, Alltag, Bd. 3 [1994], S. 156.<br />

VAN DÜLMEN, Alltag, Bd. 3 [1994], S. 157.<br />

IMBODEN [ca. 1915], S. 19.<br />

VAN DÜLMEN, Alltag, Bd. 3 [1994], S. 137.<br />

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