28.12.2013 Aufrufe

Pfalzrätliche Strafuntersuchung gegen Joseph Antoni Egger aus ...

Pfalzrätliche Strafuntersuchung gegen Joseph Antoni Egger aus ...

Pfalzrätliche Strafuntersuchung gegen Joseph Antoni Egger aus ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Materielle Beurteilung<br />

gefühl hervor, wie protokollierten Zeugen<strong>aus</strong>sagen häufig entnommen werden<br />

kann. 854 Das Ausmass der Gewaltakzeptanz in der frühen Neuzeit kann insoweit<br />

etwas relativiert werden. 855 Staatliche Sanktion als regulierende Reaktion auf ein<br />

solches Delikt war akzeptiert und wurde sogar erwartet.<br />

Nicht nur das Gewaltverständnis und die Leiblichkeit, sondern auch das Verhältnis<br />

zum Tod war in der Vormoderne ein anderes als in der Gegenwart. Da<br />

jederzeit mit dem Tod gerechnet werden musste, wurde er nicht verdrängt und<br />

tabuisiert, sondern brauchtumsmässig in den Alltag integriert. 856 Die Menschen<br />

standen dem Tod unbefangener <strong>gegen</strong>über. Das kurze irdische Dasein stellte<br />

ohnehin nur eine Durchgangsstation auf dem Weg in ein besseres Jenseits dar;<br />

der Tod bedeutete den Beginn des eigentlichen und ewigen Lebens. Freilich war<br />

eine grosse, durch Predigten stets geschürte Angst vor den Qualen der Hölle<br />

weit verbreitet. 857 Auch hier setzte erst mit der Aufklärung und ihrem Streben<br />

nach Selbstverwirklichung, Glück und individueller Autonomie sowie der Konzentration<br />

auf das Diesseits ein Wandel ein. 858<br />

6.1.2 Rechtliche Einordnung<br />

In der Debatte über die kriminalisierte Gewalt in der Vergangenheit nimmt der<br />

Totschlag im Affekt eine zentrale Stellung ein. Dieses Verbrechen beschäftigte<br />

die Gerichte häufig, da es verglichen mit anderen, heimtückisch oder zumindest<br />

im Vor<strong>aus</strong> geplanten Verbrechen nur selten unentdeckt blieb. 859<br />

Bereits das mittelalterliche Recht behandelte auch die Körperverletzung mit<br />

tödlichem Erfolg als Tötung. Diese wurde vielfach dann angenommen, wenn<br />

der Verletzte innert einer bestimmten Frist nach der Tat starb. 860 Einige Rechte<br />

854<br />

855<br />

856<br />

857<br />

858<br />

859<br />

860<br />

WITTKE, Alltag [2002], S. 312.<br />

WITTKE, Alltag [2002], S. 315.<br />

BLESS-GRABHER [2003], S. 284; MÜNCH [1992], S. 481 f.<br />

SCHILD, Gerichtsbarkeit [1980], S. 94.<br />

MÜNCH [1992], S. 169, S. 480 f. Eingehend mit der Entwicklung der Zivilisation befasst<br />

hat sich NORBERT ELIAS in seiner 1939 veröffentlichten Studie «Über den Prozess der Zivilisation.<br />

Soziogenetische und psychogenetische Untersuchungen».<br />

SCHWERHOFF, Gewaltkriminalität [2006], S. 56.<br />

Diese Frist war unterschiedlich lange; es finden sich Quellen über 14, 30 oder 40 Tage<br />

oder gar einem Jahr, vgl. die Quellenangaben bei HIS, Teil 2 [1935], Fn. 6 auf S. 75.<br />

161

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!