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Pfalzrätliche Strafuntersuchung gegen Joseph Antoni Egger aus ...

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Materielle Beurteilung<br />

Obwohl bis 1775 zweifellos einige Gedanken der Aufklärung in die Stiftslande<br />

vorgedrungen waren, ist nicht anzunehmen, dass der einfach lebende<br />

Landwirt <strong>Egger</strong> davon viel mitbekommen hatte. Er scheint viel eher in herkömmlichen,<br />

in vielen Belangen gänzlich unkritischen Denkstrukturen und<br />

Überlieferungen haften geblieben zu sein. Mit der kleinen gelehrten Oberschicht,<br />

die in der Alten Landschaft insbesondere <strong>aus</strong> Geistlichen bestand, dürfte<br />

er kaum je in Berührung gekommen sein. Offensichtlich verfügte er nicht<br />

über die Vor<strong>aus</strong>setzungen, sich kognitiv und vernunftbestimmt mit überliefertem,<br />

abergläubischem Gedankengut <strong>aus</strong>einanderzusetzen. Immerhin fällt im<br />

Zusammenhang mit seinen Experimenten an den Leichnamen der geköpften<br />

Elisabeth Han und der Wöchnerin Maria Baumann auf, dass er den abergläubischen<br />

Erzählungen von Johannes Geser eine gewisse Skepsis ent<strong>gegen</strong> brachte.<br />

Anders als vermutlich einige seiner Zeitgenossen nahm er das Gehörte nicht<br />

ohne weiteres für bare Münze. Dennoch gelang es ihm nicht, den Gerüchten gar<br />

keinen Glauben zu schenken und sie als abergläubisches Gerede abzutun. Weil<br />

er keine andere Möglichkeit sah – insbesondere wohl, weil er keinen Zugang zu<br />

Erkenntnissen der Wissenschaft hatte –, beschloss er möglicherweise, sich<br />

selbst zu helfen. Er wollte seine Neugierde dadurch befriedigen, dass er das Gehörte<br />

<strong>aus</strong>probierte.<br />

Der Körper von Maria Baumann war auf dem Kirchhof in geweihter Erde<br />

begraben. Nach den Erzählungen von Geser finde man keine Rast und Ruhe<br />

mehr, wenn man etwas vom Kirchhof in seinem H<strong>aus</strong> habe. Der Leichnam von<br />

Maria Baumann sollte <strong>Egger</strong> helfen, diese Behauptung, die er nicht so recht<br />

glauben konnte, zu überprüfen. Die Leiche von Elisabeth Han, von der er ja bereits<br />

seit deren Enthauptung knapp zwei Jahre vor dem Prozess verschiedene<br />

Körperteile bei sich zuh<strong>aus</strong>e aufbewahrte, hätte ihm nach seiner Vorstellung für<br />

diesen Versuch wohl nicht geholfen, da diese als geköpfte Straftäterin unter dem<br />

Galgen und somit nicht in geweihter Erde begraben worden war. 969<br />

Im Verhör gab <strong>Egger</strong> zu Protokoll, zur Ausgrabung der Leiche von Maria<br />

Baumann «gezwungen» gewesen zu sein und keine Ruhe mehr gefunden zu haben,<br />

bis er sie schliesslich <strong>aus</strong>gegraben und in seinem Stall versteckt habe. 970 An<br />

969<br />

970<br />

Siehe die entsprechende Aussage in Dok. 2, Einvernahmeprotokoll <strong>Egger</strong>s, Antwort 241.<br />

Dok. 2, Einvernahmeprotokoll <strong>Egger</strong>s, Antwort 83.<br />

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