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Fall dar: dank einem außerordentlich günstigen Zusammenhang von Bedingungen<br />

ist dieser Bereich zu einem Absorptionsfeld für die von der Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit im<br />

Bekleidungsgewerbe betroffenen Ausländer geworden. Zum einen wurde durch<br />

die Restrukturierung und Schließung der Betriebe in Bekleidungsindustrie und<br />

-handwerk ein großes qualifiziertes Ar<strong>bei</strong>tskräftepotential "freigesetzt". Im<br />

Gegensatz zu Industrie und Handwerk, wo wegen der desolaten Wirtschaftslage<br />

der Berliner Bekleidungsindustrie oder aufgrund der formalen Hürden im Handwerk<br />

eine Niederlassung als Selbständige kaum in Frage kam, bot der handwerksähnliche<br />

Bereich mit seinen geringeren Barrieren einen relativ leichten<br />

Zugang zur Selbständigkeit. Die Meisterprüfung ist nicht erforderlich, und<br />

schon die nur unbefristete Aufenthaltserlaubnis gnügt, um eine "Ausnahmebewilligung"<br />

zur Eröffnung einer Flickschneiderei zu bekommen. Einrichtung und<br />

Eröffnung eines solchen Betriebes erfordern nur mäßigen Kapitalbedarf: die<br />

Gewerberäume stehen zu noch relativ günstigen Preisen zur Verfügung, und die<br />

Ausstattung wi rd meist von den ehemaligen Inhabern übernommen. Zu diesen<br />

leichten Zugangsmöglchkeiten kommt auch eine sehr günstige Nachfrage; die<br />

neuen Selbständigen kamen im richtigen Moment. Sie konnten über eigene Qualifikationen<br />

verfügen, aber auch auf die ihrer Familienangehörigen, nämlich<br />

Frauen, und ihrer Landsleute zur ückgreifen.<br />

In vielen Städten der BRD ist die Flickschneiderei deswegen zu einer ökonomischen<br />

Nische für die Ausländer geworden. In Berlin ist die Zahl der Flickschneidereien<br />

von 12 (1966) auf 492 (1985) gestiegen; 60% der Inhaber sind<br />

Ausländer. Sie ist damit einer der wenigen Bereiche, in denen Ausländer gegenüber<br />

Deutschen deutlich überwiegen. Wir konnten in Berlin einen sehr großen<br />

Anteil an Frauen nachweisen: unter deutschen Inhabern 82% und unter ausländischen<br />

36,7%. Dieser Anteil entspricht etwa dem der Ausländerinnen unter den<br />

abhängig beschäftigten Ausländern und weist darauf hin, daß di e Selbständigkeit<br />

unter bestimmten Bedingungen den ausländischen Frauen wie den Männern<br />

zugänglich ist. Da die Mehrzahl der Frauen im Gegensatz zu den Männern nicht<br />

über einen Berufsausbildungsabschluß verfügt und eher häuslich oder betrieblich<br />

angelernt ist, wie unsere Fel dforschung nachweist, ist dieser Anteil der ausländischen<br />

Frauen unter Flickschneidern bemerkenswert. Die Jugoslawinnen kamen<br />

meistens nach Deutschland als Ar<strong>bei</strong>terinnen. Sie wurden für verschiedene Industrien,<br />

darunter auch die Bekleidungsindustrie, angeworben. Die Türkinnen, die<br />

wi r als Inhaberinnen interviewt haben, kamen meistens als Familienangehörige.<br />

Während unter den Jugoslawinnen einige qualifizierte Schneiderinnen seit Jah-

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