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Matrix alte Geschichte - 2013 - Dillum

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241Da gibt es das berühmte Musterbuch des Villard de Honnecourt, genannt„der französische Leonardo da Vinci“: - 33 Pergamentblättermit 325 Einzelzeichnungen sind erh<strong>alte</strong>n und sollen „zwischen 1220und 1230“ geschaffen worden sein.Der Künstler erlaubt sich die größten Anachronismen. Es finden sichdort unter anderem Aktdarstellungen (!) nach antiken Skulpturen undvor allem Skizzen der gotischen Kathedralen von Reims, Laon,Chartres und Lausanne. – Gotik im 13. Jahrhundert?Entlarvend ist zum Beispiel Honnecourts Zeichnung der Wange einesChorgestühls (Abbildung 29): Die Voluten und die Blätter-Dekorationen entsprechen einem barocken Stilempfinden.Die angeführten Beispiele belegen zum letzten Mal: Gleich wie alleantiken und mittel<strong>alte</strong>rlichen Texte die Zeitschwelle der Neuzeit im18. Jahrhundert nicht unterschreiten, so auch die <strong>alte</strong>n Miniaturen. –Die wechselseitige Abhängigkeit zwischen Handschrift, Text und Bildläßt kein zeitliches Ausscheren nach unten zu.Urkunden: Wahrheit auf Pergament?Urkunden sind des Mediävisten liebstes Kind. Mit diesen angeblichur<strong>alte</strong>n Dokumenten, meistens auf Pergament und in Latein geschrieben,mit Siegeln behangen und oft mit kunstvollen Verzierungengeschmückt, lassen sich in einer tausendjährigen Epoche eineMenge auf den Tag genauer Daten und Fakten belegen – sofernman daran glaubt.Bewußt wird eine Aura des Würdevollen und Erhabenen um diesekleinen und großen Pergamentfetzen gepflegt.Offenbar soll damit im Publikum eine Voreingenommenheit für diebehauptete Epoche erzeugt werden.Der Aufwand der getrieben wird, um Urkunden zu transkribieren undzu edieren, ist grotesk. Die Monumenta Germaniae Historica inDeutschland und die Ecole des Chartes in Frankreich widmen sichseit hundertfünfzig Jahren diesen Dokumenten.Zu Beginn der kritischen Urkundenforschung im 19. Jahrhundertwurden noch Fragen zur Echtheit aller oder einzelner Diplome gestellt.Im Laufe des 20. Jahrhunderts sind solche Überlegungen fastganz verschwunden. Auch hier hat sich der Nominalismus über denRealismus durchgesetzt:Eine Urkunde stammt demnach aus der Zeit, welche das Datum angibt.Und die genannten Inh<strong>alte</strong>, die Herrscher, die Ortsnamen, sind

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