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Weite, während andre am Fuße der Wälle platt auf dem Boden lagen<br />

und aufmerksam lauschten. Wenn der Schreck vorüber war, dann<br />

begann die Wut von neuem. Aber das Bewußtsein ihrer Ohnmacht<br />

versenkte die Bevölkerung bald wieder in die alte Trübsal.<br />

Die Niedergeschlagenheit nahm mit jedem Abend zu,<br />

wenn man allgemein auf den Terrassen stand und sich neunmal<br />

verneigte und die Sonne mit lautem Rufen grüßte. Sie sank langsam<br />

hinter der Lagune, bis sie dann mit einem Ruck in den Bergen, in<br />

der Richtung nach den Barbaren, verschwand.<br />

Das dreimal heilige Fest stand bevor, bei dem ein Adler<br />

von der Höhe eines Scheiterhaufens zum Himmel emporflog, das<br />

Symbol der Erneuerung des Jahres, eine Botschaft des Volkes an<br />

den höchsten Gott, eine Feier, die man als eine Art von Bündnis,<br />

als Vermählung mit der Kraft der Sonne betrachtete. Übrigens<br />

wandte sich das haßerfüllte Volk jetzt abergläubisch dem<br />

menschenverschlingenden Moloch zu, und alle verließen Tanit.<br />

In der Tat schien die Mondgöttin, ihres Mantels beraubt, einen<br />

Teil ihrer Macht verloren zu haben. Sie versagte die Wohltat ihrer<br />

Gewässer, sie hatte Karthago verlassen. Sie war eine Abtrünnige,<br />

eine Feindin. Manche warfen mit Steinen nach ihr, um sie zu<br />

beschimpfen. Doch während man sie arg schmähte, beklagte man<br />

sie gleichzeitig. Man liebte sie noch, inniger vielleicht als vordem.<br />

Alles Unglück rührte unbedingt vom Verluste des Zaimphs<br />

her, und Salambo war mittelbar daran schuld. Der Groll richtete<br />

sich deshalb auch auf sie. Sie müsse bestraft werden! Alsbald lief der<br />

unbestimmte Gedanke einer Opferung im Volke um. Um die Götter<br />

zu versöhnen, müsse man ihnen offenbar einen Gegenstand von<br />

unschätzbarem Werte opfern, ein schönes, junges, jungfräuliches<br />

Geschöpf aus altem Hause, den Göttern entsprossen, einen Stern<br />

der Menschheit. Täglich drangen unbekannte Männer in die<br />

Gärten von Megara. Die Sklaven zitterten für ihr eigenes Leben<br />

und wagten ihnen keinen Widerstand zu leisten. Trotzdem gingen<br />

die Eindringlinge nicht über die Galeerentreppe hinaus. Sie blieben<br />

unten stehen und starrten hinauf nach dem hohen flachen Dache<br />

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