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Es waren wilde, unflätige Schmähungen, vermischt<br />

mit spöttischen Zurufen und Flüchen; und da man an seiner<br />

gegenwärtigen Marter nicht genug hatte, kündigte man ihm noch<br />

fürchterlichere Qualen für die Ewigkeit an.<br />

Das ungeheure Geheul erfüllte Karthago mit<br />

stumpfsinniger Beharrlichkeit. Oft fand eine einzige Silbe, ein<br />

heiserer, dumpfer, wilder Laut ein minutenlanges Echo im<br />

ganzen Volke. Die Mauern erbebten von diesem Geschrei vom<br />

Grund bis zum Giebel, und Matho war zumute, als ob die beiden<br />

Straßenwände auf ihn zukämen und ihn vom Boden aufhöben wie<br />

zwei ungeheure Arme, um ihn in der Luft zu erwürgen.<br />

Da fiel ihm ein, schon einmal etwas Ähnliches empfunden<br />

zu haben. Die gleiche Menge auf den Terrassen, die gleichen Blicke,<br />

die gleiche Raserei! Nur war er damals frei, damals wichen alle vor<br />

ihm aus, damals beschirmte ihn ein Gott! Und diese Erinnerung,<br />

die immer deutlicher ward, erfüllte ihn mit niederschmetternder<br />

Traurigkeit. Schatten schwebten ihm vor den Augen, die Stadt<br />

schwankte vor ihm. Das Blut rieselte ihm aus einer Wunde an der<br />

Hüfte. Er fühlte den Tod. Seine Knie schlotterten, und er sank<br />

langsam auf das Pflaster.<br />

Irgendwer holte aus der Vorhalle des Melkarthtempels die<br />

auf Kohlen glühend gemachte Querstange eines Dreifußes, schob<br />

sie unter der obersten Kette hindurch und stieß sie gegen Mathos<br />

Wunde. Man sah das Fleisch rauchen. Das Hohngeschrei der Menge<br />

erstickte den Aufschrei des Getroffenen. Schon aber stand er wieder<br />

auf den Beinen. Sechs Schritte weiter stürzte er abermals hin, dann<br />

noch ein drittes-, ein viertesmal. Immer jagte ihn eine neue Marter<br />

wieder auf. Man bespritzte ihn durch Röhren mit siedendem<br />

Öl, streute Glasscherben unter seine Füße. Er schritt weiter. An<br />

der Ecke der Sathebstraße lehnte er sich unter dem Dache eines<br />

Ladens mit dem Rücken gegen die Mauer und ging nicht mehr<br />

weiter. Die Schergen des Rats schlugen ihn mit ihren Peitschen<br />

aus Flußpferdhaut so wütend und so lange, daß die Fransen ihrer<br />

Tuniken von Schweiß troffen. Matho schien kein Gefühl mehr<br />

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