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genau so monoton wie die Wogen, die zu Füßen der Befestigungen<br />

in schwerfälliger Regelmäßigkeit an den Quadern des langen<br />

Hafendammes zerstoben.<br />

Salambo stieg auf das flache Dach ihres Palastes, gestützt<br />

von einer Sklavin, die in einem eisernen Becken glühende Kohlen<br />

trug. Mitten auf der Terrasse stand ein niedriges Ruhebett aus<br />

Elfenbein. Luchsfelle und mit Papageienfedern gefüllte Kissen<br />

lagen darauf. Diese weissagenden Vögel waren den Göttern geweiht.<br />

Über den vier Ecken waren die Pfannen angebracht, gefüllt mit<br />

Spezereien, Narde, Zimt und Myrrhen. Die Sklavin entzündete das<br />

Räucherwerk.<br />

Salambo blickte zum Polarstern auf, grüßte feierlich<br />

die vier Windrichtungen und kniete dann auf dem blauen Sande<br />

nieder, der – ein zweiter Himmel – mit goldenen Sternen besät<br />

war. Sie drückte die Ellbogen an die Hüften, streckte die Unterarme<br />

wagerecht vor, öffnete die Hände, bog das Haupt zurück, so daß ihr<br />

das Mondlicht voll ins Angesicht schien, und sprach:<br />

»O Rabbetna ... Baalet ... Tanit!« Das klang wie Klagelaute,<br />

gedehnt, wie ein Ruf in die Ferne. »Anaïtis ... Astarte ... Derketo<br />

... Astoreth ... Mylitta ... Athara ... Elissa ... Tiratha.... In deinen<br />

Symbolen ... in der heiligen Musik ... in den Furchen der Äcker ...<br />

im ewigen Schweigen ... und in der ewigen Fruchtbarkeit.... Herrin<br />

des düsteren Meeres ... und der blauen Gestade ... o Königin des<br />

Feuchten ... sei mir gegrüßt!«<br />

Zwei- oder dreimal beugte sie den Oberkörper vor und<br />

zurück, dann warf sie sich mit ausgestreckten Armen mit der<br />

Stirn in den Sand. Die Sklavin richtete sie sofort wieder auf, denn<br />

gläubigem Brauch gemäß mußte man den Betenden emporheben.<br />

Es bedeutete, daß die Götter ihn erhörten. Salambos Amme<br />

versäumte diese fromme Pflicht niemals.<br />

Kaufleute aus dem darischen Gätulien hatten Taanach als<br />

kleines Kind nach Karthago gebracht. Selbst nach ihrer Freilassung<br />

hatte sie ihre Herrschaft nicht verlassen, was das weite Loch in<br />

ihrem rechten Ohrläppchen vermeldete. Ihr buntgestreifter Rock,<br />

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