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jenseits des Golfes. Unter ihr blinzelte ein kleiner Stern, und um sie<br />

herum schimmerte fahler Schein. Salambo fuhr fort:<br />

»Doch bist du auch eine grausige Herrin! Durch dich<br />

entstehen die Ungeheuer, die schrecklichen Gespenster, die<br />

trügerischen Träume. Dein Blick nagt an den Steinen der Häuser,<br />

und die Affen werden krank, sooft du dich verjüngst.<br />

»Wohin läufst du? Warum wandelt sich immerfort deine<br />

Gestalt? Als schmale Sichel schwimmst du wie ein Schiff ohne Mast<br />

durch den weiten Weltraum. Hütest die Schar der Sterne, wie ein<br />

hagerer Schäfer seine Herde. Rund aber und im vollen Glanze<br />

gleitest du wie das Rad eines Wagens über den Kamm der Berge.<br />

»O Tanit, liebst auch du mich? Ich schaue so viel zu dir<br />

empor. Nein, nein! Du gehst deinen Gang im Himmelsblau, und ich<br />

bleibe auf der starren Erde.<br />

Taanach, nimm die Harfe und rühre lind und leise die<br />

silberne Saite, denn mein Herz ist traurig!«<br />

Die Sklavin nahm das Nebal, eine Art Harfe aus Ebenholz,<br />

höher als sie selber und dreieckig wie ein Delta, stellte es mit der<br />

unteren Spitze in einen Glasnapf und begann mit beiden Händen zu<br />

spielen.<br />

Die Töne folgten dumpf und ungestüm aufeinander<br />

wie Bienengesumm. Allmählich wurden sie heller und lauter und<br />

flohen in die Nacht hinaus, zu den wimmernden Wogen und den<br />

rauschenden hohen Bäumen auf der Kuppe der Akropolis.<br />

»Hör auf!« rief Salambo. »Was hast du, Herrin? Der<br />

weiche Wind, der weiter weht, Wolken, die schon wieder weg sind,<br />

alles bewegt und erregt dich jetzt.«<br />

»Ich weiß es nicht!«<br />

»Du machst dich matt durch zu viel Beten.«<br />

»O Taanach, ich möchte in meinem Gebete zerfließen<br />

wie der Duft einer Blume im Wein.«<br />

»Vielleicht ist der Weihrauch daran schuld?«<br />

»Nein!« sagte Salambo. »In den Wohlgerüchen wohnen<br />

der Götter Seelen.«<br />

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