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Schließlich fiel der Kleine, von Anstrengung und<br />

Aufregung erschöpft, in einen unruhigen Schlaf. Er redete im<br />

Traume. Mit dem Rücken auf einem Scharlachkissen, den Kopf<br />

etwas hintenüber, machte sein ausgestrecktes Ärmchen eine<br />

gebieterische Gebärde.<br />

Als es finstere Nacht geworden, hob ihn Hamilkar<br />

behutsam auf und stieg ohne Fackel die Galeerentreppe hinab. Er<br />

ging durch das Verwaltungshaus und nahm einen Korb Weintrauben<br />

und einen Krug klaren Wassers mit. Vor dem Standbild des Aletes<br />

erwachte das Kind im Edelsteingewölbe und lächelte – ganz wie<br />

das Kind des Sklaven – auf dem Arm seines Vaters beim Glanze der<br />

Pracht ringsumher.<br />

Jetzt war Hamilkar sicher, daß man ihm seinen Sohn<br />

nicht raubte. Der Ort war unzugänglich und stand durch einen<br />

unterirdischen Gang, den er allein kannte, mit der Küste in<br />

Verbindung. Er blickte sich um und holte tief Atem. Dann setzte er<br />

den Knaben auf einen Schemel neben den goldenen Schilden.<br />

Niemand sah ihn hier. Er brauchte nicht mehr besorgt<br />

zu sein. Das erleichterte ihm das Herz. Wie eine Mutter, die ihren<br />

verlorenen Erstgeborenen wiederfindet, warf er sich auf seinen<br />

Sohn, drückte ihn an seine Brust, lachte und weinte zugleich, gab<br />

ihm die zärtlichsten Namen und bedeckte ihn mit Küssen. Der<br />

kleine Hannibal, von dieser wilden Zärtlichkeit erschreckt, blieb<br />

ganz still.<br />

Mit Diebesschritten kehrte Hamilkar zurück, indem er<br />

sich an den Mauern entlang tastete. So gelangte er in die große Halle,<br />

in die das Mondlicht durch einen Spalt in der Kuppel hereinfiel.<br />

In der Mitte lag der gesättigte Sklave lang ausgestreckt auf den<br />

Marmorfliesen und schlief. Der Suffet betrachtete ihn, und eine<br />

Art Mitleid ergriff ihn. Mit der Spitze seines Panzerstiefels schob er<br />

ihm einen Teppich unter den Kopf. Dann erhob er die Augen und<br />

schaute empor zu Tanit, deren schmale Sichel am Himmel glänzte.<br />

Er fühlte sich stärker als alle Götter und voller Verachtung gegen<br />

sie.<br />

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