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»Moloch, du verbrennst mich!«<br />

Die Küsse des Soldaten überliefen sie verzehrender als<br />

Flammen. Es war, als ob ein wilder Sturm sie fortriß, als ob die<br />

Glut der Sonne sie durchlodere.<br />

Er küßte alle ihre Finger, ihre Hände, ihre Arme, ihre<br />

Füße, die langen Flechten ihres Haars.<br />

»Nimm den Mantel mit!« sprach er. »Was liegt mir<br />

daran! Entführe aber auch mich! Ich will das Heer verlassen! Will<br />

auf alles verzichten! Dort hinter Gades, zwanzig Tageslängen weit<br />

im Meere, da liegt eine Insel, übersät von Goldstaub, Bäumen und<br />

Vögeln. Auf den Bergen wiegen sich große Blumen, voll Düften,<br />

die emporwirbeln wie der Rauch heiliger ewiger Lampen. Von<br />

Limonenbäumen, die höher ragen als Zedern, werfen milchweiße<br />

Schlangen mit diamantenen Zähnen die Früchte hinunter auf den<br />

Rasen. Die Luft ist so mild, daß man nicht sterben kann. O, diese<br />

Insel will ich finden, du sollst sehen! Wir werden in Kristallgrotten<br />

leben, am Fuße der Hügel. Noch wohnt niemand dort, und ich<br />

werde König des Landes werden!«<br />

Er wischte den Staub von ihren Schuhen. Er wollte ihr<br />

ein Stück Granatapfel zwischen die Lippen stecken. Er schob ihr<br />

Decken unter den Kopf, um ein Kissen für sie zu schaffen. Er suchte<br />

ihr auf alle Weise dienstbar zu sein und breitete schließlich den<br />

Zaimph über ihre Füße wie eine gewöhnliche Decke.<br />

»Hast du noch die kleinen Gazellenhörner, an denen<br />

deine Halsbänder hingen?« fragte er. »Die sollst du mir schenken!<br />

Ich habe sie so gern!«<br />

Er plauderte, als ob der Krieg beendet wäre. Fröhliches<br />

Gelächter entquoll ihm. Die Söldner, Hamilkar, alle Hindernisse<br />

waren jetzt verschwunden. Der Mond kam zwischen zwei Wolken<br />

hervor. Sie erblickten ihn durch ein Loch des Zeltes.<br />

»Ach, wie viele Nächte habe ich verbracht, in seinen<br />

Anblick versunken! Es war mir, als sei er ein Schleier, der dein<br />

Antlitz verbarg. Du blicktest mich durch ihn an. Die Erinnerung<br />

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