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Landessynode 2010 - Evangelische Kirche von Westfalen

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Vorlage 1.1<br />

Dies erleben wir in der Flüchtlingsberatung <strong>von</strong> <strong>Kirche</strong> und Diakonie allerdings deutlich<br />

anders. So gefährdet das Ausländerrecht durch seine Vorschriften zur Familienzusammenführung<br />

und zur Residenzpflicht häufig die <strong>von</strong> der Kinderrechtskonvention<br />

gerade geschützte Einheit der Familie. Besonders bedrückend ist darüber hinaus die<br />

Situation junger Flüchtlinge, die ohne ihre Eltern ± unbegleitet ± nach Deutschland<br />

kommen. So kamen im vergangenen Jahr über 420 Kinder ohne Eltern allein nach Dortmund.<br />

Wegen der sprunghaft gestiegenen Zahlen unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge<br />

erfolgt deren Erstaufnahme zurzeit nicht immer altersgerecht, sondern in ± teils<br />

schon überfüllten ± Unterkünften für erwachsene Asylbewerber. Aufgrund unabgestimmter<br />

Vorschriften im Ausländer- und Jugendhilferecht ist die baldmöglichste Verteilung<br />

der Kinder und Jugendlichen auf Kommunen und damit in kind- bzw. jugendgerechte<br />

Einrichtungen nach Jugendhilferecht kaum möglich. Sobald sie 16 Jahre alt<br />

sind, gelten Jugendliche in aufenthaltsrechtlichen Fragen als selbstständig handlungsfähig<br />

und müssen oft ohne Vormund entscheiden, ob sie einen humanitären Aufenthaltstitel<br />

anstreben oder ein Asylverfahren durchführen wollen. Dabei können sie die<br />

Tragweite dieser Entscheidung kaum überblicken. So kommt es häufig zu Asylverfahren,<br />

in denen die jungen Menschen den Behörden eines fremden Staates mit fremder<br />

Sprache und fremder Kultur gegenüberstehen. Ohne Beistand sind sie aber nicht in der<br />

Lage, das Verfahren zu verstehen und aktiv mitzugestalten. Kinder und Jugendliche, die<br />

ohnehin durch die Trennung <strong>von</strong> der Familie sowie die Erlebnisse im Heimatland und<br />

auf der Flucht Schweres verarbeiten mussten, werden dadurch zusätzlich belastet. Dies<br />

ist aus kirchlich-diakonischer Sicht mit dem Schutz- und Fürsorgegedanken, dem die<br />

Bundesrepublik nach der UN-Kinderrechtskonvention verpflichtet ist, nicht vereinbar.<br />

Kinder, die allein nach Deutschland flohen, brauchen zunächst Schutz und eine altersgemäûe<br />

Unterbringung auf Basis der Jugendhilfe. Erst nachdem ihnen dieser Schutz gewährt<br />

und ein Vormund für alle rechtlichen Verfahren zur Seite gestellt wurde, sollten<br />

sie in asyl- und aufenthaltsrechtliche Verfahren einbezogen werden. Der Zugang zu Schule<br />

und Ausbildung ist ebenso zu gewähren, wie der Zugang zu Sozialleistungen nach<br />

SGB XII.<br />

Bei der Bundesregierung und im Land NRW ist darauf hinzuwirken, dass der bislang<br />

propagierte Vorrang des Ausländerrechtes vor der Jugendhilfe aufgegeben wird. Die<br />

Inobhutnahme <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen, die allein nach Deutschland flohen,<br />

sollte zukünftig auch in NRW durchgängig auf Basis der Jugendhilfe in qualifizierten<br />

Clearingstellen erfolgen. In diesen Clearingstellen können dann kompetent die ersten<br />

sozial- und aufenthaltsrechtlichen Schritte in die Wege geleitet werden. Landespolitisch<br />

muss erreicht werden, dass die Kinder und Jugendlichen hieran anschlieûend schnellstens<br />

auf die Kommunen verteilt werden und hier Zugang zu Betreuung und Unterbringung<br />

nach Jugendhilferecht bekommen.<br />

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