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Landessynode 2010 - Evangelische Kirche von Westfalen

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Vierte Sitzung, Dienstag, 16. November <strong>2010</strong>, vormittags<br />

über die Wiedergeburt bis hin zur Beschneidung. Damit ist der Tatsache Rechnung<br />

getragen, dass Evangelium stets nur in einem bestimmten Kontext begegnet, also<br />

nicht in quasi reiner Form destilliert zur Verfügung steht. Für Juden konnte etwa die<br />

Beschneidung ein gutes Bild sein, um die Einmaligkeit und den das ganze Leben des<br />

Menschen prägenden Charakter der Taufe deutlich zu machen; für Menschen aus<br />

dem Kontext der Mysterienkulte war das Bild der Wiedergeburt hilfreich, um die<br />

das biologische Leben übersteigende Bedeutung <strong>von</strong> Taufe auszusagen usw.<br />

Auch heute ist es eine wichtige Aufgabe der Taufpraxis, Menschen die Taufe in<br />

ihrem jeweiligen kulturellen Kontext zu plausibilisieren. Schon Sprachform und<br />

Gestaltung in der konkreten Darstellung der genannten Zeichen bei Taufen sind<br />

unterschiedlich, wenn Taufen als Ausdruck der Kommunikation des Evangeliums<br />

gefeiert werden und nicht als Exekution eines liturgischen Formulars.<br />

c) Inzwischen liegen erfreulicherweise erste empirische Studien zu den Taufmotiven<br />

<strong>von</strong> Eltern vor, die ihre Kinder zur Taufe bringen. 2 Die immer wieder zu hörende<br />

Kritik an verständnislosen und uninteressierten Eltern, die lediglich eine Zeremonie<br />

abholen wollen, bestätigt sich hier nicht. Allerdings gilt auch für die Taufpraxis wie<br />

auch sonst für die Kommunikation des Evangeliums in der Gegenwart: Die meisten<br />

Menschen sind an kirchlicher Lehre als solcher nicht interessiert; vielmehr geht es<br />

ihnen um Begleitung und Unterstützung in ihrem Leben. Unter dieser Perspektive<br />

werden traditionelle Inhalte geprüft und transformiert.<br />

Inhaltlich sind aus diesen empirischen Untersuchungen zwei Beobachtungen besonders<br />

interessant:<br />

Zum Ersten ist für die meisten Eltern der Taufakt selbst <strong>von</strong> hervorragender Bedeutung.<br />

Er wird als emotional bewegend erlebt. 3 ,In dieser Handlung`, so schreibt<br />

Regina Sommer in der Auswertung ihrer Interviews mit Taufeltern, ,in dieser Handlung<br />

scheint sich für ihr Erleben und ihre Deutung der Taufe Wesentliches zu verdichten.`<br />

4 Es geht also primär bei der Taufe um einen körperlichen Vollzug.<br />

Zum Zweiten begegnete in den Gesprächen zur Taufe oft die Thematik des Todes.<br />

Ohne dass explizit danach gefragt worden wäre, sind Erfahrungen mit Tod und Sterben<br />

sowie lebensbedrohliche Situationen ein wichtiger Kontext für die Taufdeutung bei<br />

Eltern. Noch einmal Regina Sommer: ,Die Todesbedrohtheit des Lebens ist für viele<br />

Eltern im Kontext der Taufe ein Thema. Das Empfinden, dass ein Leben gefährdet ist,<br />

stellt sich vor dem Hintergrund konkreter Todeserfahrungen ein und als Befürchtung<br />

angesichts der Schutzbedürftigkeit des neugeborenen Kindes. Am Lebensanfang ihres<br />

Kindes ist für die Eltern das Lebensende in besonderer Weise präsent.` 5<br />

Es muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass diese Auskünfte der Eltern<br />

nicht in theologischer Fachsprache formuliert werden, sondern nur <strong>von</strong> ihrem konkreten<br />

Kontext her, biographiebezogen also, verstanden werden können. Wer Tauf-<br />

2 Regina Sommer, Kindertaufe ± Elternverständnis und theologische Bedeutung (PTHe 102),<br />

Stuttgart 2009; Christoph Müller, Taufe als Lebensperspektive. Empirisch-theologische Erkundungen<br />

eines Schlüsselrituals (PTHe 106), Stuttgart <strong>2010</strong>.<br />

3 Sommer 216.<br />

4 Sommer 282.<br />

5 Sommer 328f.<br />

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