30.01.2015 Aufrufe

PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen

PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen

PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

92 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />

allgemein-populistische Tendenzen müssten<br />

diese zunächst nachgewiesen werden,<br />

was an dieser Stelle nicht möglich ist. Ansätze<br />

zu einer architekturpopulistischen<br />

Argumentation scheinen allerdings in allen<br />

bislang untersuchten Rekonstruktionsdebatten<br />

gegeben und haben in der Regel<br />

einen erheblichen Stellenwert. In vielen<br />

Fällen ist darüber hinaus aufgrund einer<br />

stark verkürzten Darstellung des Bau- und<br />

Planungsprozesses zumindest davon auszugehen,<br />

dass durch die Rekonstruktionsbefürworter<br />

eine populistische Argumentation<br />

stattfindet. Ob sich die „Populisten“<br />

über den populistischen Gehalt ihrer Argumentationsweise<br />

im Klaren sind, muss<br />

im Einzelfall geklärt werden. Für die weitere<br />

Untersuchung der These wäre es somit<br />

erforderlich, verschiedene Gruppen<br />

von Rekonstruktionsbefürwortern insbesondere<br />

mit Blick auf ihre Zugehörigkeit<br />

zu bestimmten Milieus bzw. Eliten zu<br />

untersuchen. Dies kann in den innerhalb<br />

dieses Forschungsvorhabens betrachteten<br />

Fallstudien nur in Ansätzen geschehen.<br />

Zudem wäre genauer nach den Anlässen<br />

für die Rekonstruktionsdebatte zu unterscheiden.<br />

Hier ist danach zu fragen, ob die<br />

Planung oder Existenz „elitärer“ Bauwerke<br />

Voraussetzung für das Aufkommen populistischer<br />

Argumente ist.<br />

„Eingebauter“ Populismus<br />

und Rekonstruktion<br />

Die von Decker (2006) und anderen vorgetragenen<br />

Indizien für eine zunehmende<br />

Popularisierung der demokratischen Institutionen<br />

erscheinen hinreichend belegt,<br />

um sie an dieser Stelle zum Anlass zur Frage<br />

danach zu nehmen, in welcher Weise<br />

diese Popularisierung auf die lokalen Rekonstruktionsdebatten<br />

wirkt.<br />

Zunächst einmal wird dem politischen<br />

System im Rahmen der Populismusdebatte<br />

eine zunehmende Orientierung am<br />

– wie auch immer nachgewiesenen – populären<br />

Mehrheitswillen auch gegen –<br />

möglicherweise „unbequeme“ – Expertenmeinungen<br />

attestiert. Innerhalb lokaler<br />

Rekonstruktionsdebatten findet diese Tendenz<br />

ihre Entsprechung in der – zumindest<br />

medial vermittelten – Feststellung<br />

bzw. Behauptung, der Wiederaufbau sei<br />

der Wille einer Mehrheit der Stadtbevölkerung,<br />

die zum Teil auch durch mehr oder<br />

weniger repräsentative Umfragen und Abstimmungen<br />

gestützt werden (vgl. Kap.<br />

5.2.). Damit scheint es möglich, den institutionalisierten<br />

Vorgang der Abwägung<br />

unterschiedlicher Interessen innerhalb<br />

der Bevölkerung sowie weiterer Belange<br />

zu schwächen und anstelle eines langwierigen<br />

Verfahrens zur Offenlegung und<br />

Aushandlung dieser Interessen de facto<br />

eine einfache Mehrheitsentscheidung zu<br />

setzen. Tatsächlich findet man unter Rekonstruktionsbefürwortern<br />

Unverständnis<br />

für langatmige politische Aushandlungsprozesse.<br />

Das verbindet sie etwa mit<br />

Bauherren und Investoren. Dadurch, dass<br />

innerhalb der Gesellschaft populistische<br />

Inhalte eine breite Basis und tiefe Verwurzelung<br />

besitzen, fallen entsprechende Argumente<br />

auf fruchtbaren Boden. Nicht<br />

wenige Befürworter des Wiederaufbaus eines<br />

verlorenen Baudenkmals schotten sich<br />

gegen die Auseinandersetzung mit den Argumenten<br />

von Widersachern ab. Sind sie<br />

gezwungen, in einen Aushandlungsprozess<br />

zu treten, besteht für sie das Risiko,<br />

dass sie die Durchsetzung des Wiederaufbaus<br />

als „Maximallösung“, für die sie stehen,<br />

zugunsten von Kompromissen aufgeben<br />

müssen. Zur Durchsetzung einer<br />

Maximallösung kann es einfacher sein,<br />

glaubhaft zu machen, man hätte eine breite<br />

Mehrheit organisiert und hinter sich gebracht.<br />

Dabei kommt ihnen wie allen anderen<br />

reformerischen Kräften zugute, dass<br />

sich wesentliche Teile der Gesellschaft<br />

nicht an demokratischen Entscheidungsprozessen<br />

beteiligen und daher bereits<br />

eine „einfache Mehrheit“ gegenüber einer<br />

„schweigenden Masse“ mit unbekannter<br />

oder indifferenter Haltung ausreicht,<br />

um gegenüber politischen Entscheidungsträgern<br />

eine starke Position zu behaupten.<br />

Da größere Bauvorhaben nur selten ein für<br />

Kommunalwahlen relevantes politisches<br />

Gewicht erlangen, kann eine Strategie aufgehen,<br />

die darauf setzt, eine parlamentarische<br />

Mehrheit für ein Vorhaben auch unter<br />

Vernachlässigung von Expertenmeinungen<br />

unter Berufung auf eine vermeintliche<br />

Unterstützung in der Bevölkerung ohne<br />

eingehende öffentliche politische Auseinandersetzung<br />

zu organisieren.<br />

Im Zusammenhang mit den – unabhängig<br />

vom Populismus – tendenziell abnehmendem<br />

Handlungsspielräumen politischer<br />

Institutionen spricht Decker (2006: 26–27)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!