PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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246 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />
aus der Vorgeschichte die Lösungsalternative<br />
der vorgebauten historischen Fassade,<br />
die ebenso widersprüchlich erscheint.<br />
Und im Fall der Paulinerkirche ist die Verknüpfungsfähigkeit<br />
von Aula und Kirche<br />
ein Motiv und Konflikt, das das gesamte<br />
Verfahren durchzieht, wenngleich hier<br />
weniger als immanenter Konflikt der Diskurskoalition<br />
denn als eine Konsequenz<br />
der vor Ort vorgefundenen Ausgangssituation.<br />
5.54 Kompromisslinien als Spiegel<br />
örtlicher Kräfteverhältnisse<br />
Angesichts dieser Überlegungen liegt es<br />
nahe, dass die gefundenen Kompromisse<br />
und umgesetzten Entscheidungen<br />
auch die örtlichen Kräfteverhältnisse widerspiegeln.<br />
Dies mag für Außenstehende<br />
nicht immer einfach nachzuvollziehen<br />
sein und erfordert einen geschärften<br />
Blick dafür, welche Ressourcen im Verfahren<br />
so wirkmächtig sind, dass sie für<br />
die Kräfteverhältnisse wirklich relevant<br />
sind. Teilweise lässt sich dies sogar nur im<br />
Nachhinein aus dem Verfahren rekonstruieren.<br />
Nichtsdestoweniger dürfte inzwischen<br />
klar geworden sein, wie angesichts<br />
des retardierenden Moments einer kulturellen<br />
Hegemonie von Fachleuten, die im<br />
Normalfall das Gehör der Politik erlangen,<br />
in einer Zeit der erschütterten Dominanz<br />
von Lösungen, die sich der Moderne<br />
zurechnen lassen müssen, unter gewissen<br />
voraussetzungsvollen Umständen eine Bewegung<br />
für ein Rekonstruktionsvorhaben<br />
bildet. Liegt diese Konstellation vor, nicht<br />
selten als Folge einer aus unterschiedlichen<br />
Gründen überhaupt möglich gewordenen<br />
Thematisierung und Mobilisierung<br />
für die Fragestellung von Rekonstruktionsvorhaben,<br />
ist der Ausgang der Diskussion<br />
noch nicht vorgezeichnet, auch wenn<br />
oben strategische Vor- und Nachteile einzelner<br />
Akteursgruppen skizziert wurden.<br />
Insbesondere lässt sich beobachten, dass<br />
keineswegs die Medien immer eine klare<br />
Position vertreten und entscheidend für<br />
die Durchsetzung einer Position werden.<br />
Wohl sind sie in bestimmten Einzelfällen<br />
wichtige Akteure, die eine eigene Position<br />
ins Spiel bringen. Viel wichtiger erscheint<br />
allerdings ihre Rolle als Katalysatoren<br />
von Debatten, die den unterschiedlichen<br />
Positionen überhaupt erst einmal zu ei<br />
ner öffentlichen Wahrnehmung verhelfen.<br />
Daraus kann sich eine tendenzielle Infragestellung<br />
von zeitgenössischer Architektur<br />
ergeben, wenn diese in Bildern dargestellt<br />
auf einmal unplausibel für einen<br />
Ort wirkt wie das Gewandhaus am Dresdener<br />
Neumarkt. Da in anderen Zusammenhängen<br />
aber durchaus zu beobachten<br />
ist, dass die Medien zeitgenössische Architekturprojekte<br />
wegen ihres spektakulären<br />
Entwurfs oder der vermuteten Wirkung<br />
auf dem Arbeitsmarkt vermittelt über die<br />
Schaffung von Büroflächen und die Investition<br />
von Kapital in besonderer Weise<br />
zum Hoffnungsträger stilisieren, muss<br />
davon ausgegangen werden, dass sich in<br />
der medialen Rezeption und Aufarbeitung<br />
von Projekten eine bestimmte Denklogik<br />
widerspiegelt, die dem jeweiligen Ort zugeschrieben<br />
wird. So erlaubt die mediale<br />
Darstellung von zeitgenössischer Architektur<br />
am Neumarkt vor allem dessen kritische<br />
Infragestellung, da dieser offenbar<br />
im städtischen Konsens nicht als Ort des<br />
wirtschaftlichen Aufbruchs, sondern der<br />
kulturellen Selbstverständigung des Gemeinwesens<br />
gesehen wird. An der Paulinerkirche<br />
in Leipzig werden medial ebenfalls<br />
die unterschwelligen Ansprüche an<br />
den Ort verhandelt, dessen Bebauung wegen<br />
der angestrebten Universitätsnutzung<br />
Innovativität und Aufbruch ausdrücken<br />
soll, ohne darüber die geschichtlich-kulturelle<br />
Sensibilität zu verlieren. Ähnliche<br />
Bezüge zu den Ansprüchen an den Ort lassen<br />
sich auch in anderen Projekten nachweisen.<br />
Vielleicht sind sie ja auch mit<br />
ausschlaggebend dafür, dass das Thurnund-Taxis-Palais,<br />
im Gegensatz zur ehemaligen<br />
Altstadt von Frankfurt nicht mit<br />
Ansprüchen überladen, weniger dogmatisch<br />
für eine investorenorientierte Lösung<br />
instrumentalisiert wird.<br />
Um daraus wieder den Bogen zurück zu<br />
den Kräfteverhältnissen vor Ort zu schlagen,<br />
soll abschließend das Ergebnis der<br />
vier untersuchten Fallstudien eingeschätzt<br />
werden. Am Neumarkt überlagern sich<br />
vielfältige Ansprüche, doch die von der<br />
Frauenkirchenrekonstruktion, dem Mythos<br />
Dresden und der langen Wiederaufbaudenktradition<br />
beflügelte GHND hat<br />
sich sowohl institutionell als auch argumentativ<br />
einen wichtigen Platz in der städtischen<br />
Auseinandersetzung erobert, auch<br />
wenn ihre Argumente im Einzelfall nicht