PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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274 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />
täres und führe zu einer Architektur, „die<br />
alle Unsicherheiten wegrastert und sich<br />
über jede historische Verwerfung erhebt“.<br />
Funktional bemängelt Rauterberg das Fehlen<br />
eines gemeinschaftsstiftenden Raums,<br />
der die drei Hauptnutzungen verbinden<br />
könne, und verweist auf die nur aus Notausgängen<br />
bestehende Verbindung zwischen<br />
Humboldtforum und dem von Stella<br />
entworfenen Belvedere an der Ostseite.<br />
Nachdem sich zuvor Stella selbst in mehreren<br />
Interviews (Mühling 11.12.2008, ij/<br />
dpa/hed 16.12.2008) verteidigt hat, ist es<br />
dann an seinem Freund Hans Stimmann,<br />
ihn gegen Rauterbergs „perfide“ Kritik und<br />
die „fast hysterisch anmutende Debatte“<br />
zu verteidigen (vgl. etwa Redecke 2009; Jenatsch<br />
(2009) geht sogar soweit zu sagen,<br />
dass die Preisgerichtsentscheidung durch<br />
diese Verbindung beeinflusst worden sei).<br />
Die Äußerungen tarnten sich nur als Architekturkritik<br />
und seien eigentlich eine<br />
„Schelte der Abgeordneten des Deutschen<br />
Bundestages“, die seinerzeit für die Teilrekonstruktion<br />
gestimmt hatten. Die Kritiker<br />
seien offenbar nicht in der Lage, „ein<br />
Konzept zu bewerten, das Kunstgenuss<br />
gleichberechtigt neben die Auseinandersetzung<br />
mit der Globalisierung stellt“,. Mit<br />
Verweis auf Winfried Nerdinger stellt er<br />
schließlich heraus, durch eine stilistische<br />
Betrachtung sei nicht auf gesellschaftliche<br />
Ambitionen der Architektur zu schließen,<br />
und Stellas Entwurf sei somit weder automatisch<br />
totalitär noch faschistisch. So lobt<br />
auch er insbesondere die Verbindung zwischen<br />
Lustgarten und Schlossplatz und<br />
nutzt sie, um den – von Rauterberg gerade<br />
verworfenen – Faschismusvorwurf zu<br />
widerlegen: „Wer bei dem Bild der inneren<br />
Straße an die politische Gewalt der italienischen<br />
Faschisten denkt und nicht an die<br />
Uffizien in Florenz, dem ist auch mit Argumenten<br />
nicht beizukommen“. Rauterberg<br />
verkenne die „Dialektik historischer<br />
Architektur von Wand und Säule“ im modernen<br />
Entwurf wie insgesamt dessen Referenz<br />
an die historische Fassade. Einig ist<br />
er sich mit Rauterberg dann allerdings in<br />
der Notwendigkeit, das Belvedere zu überarbeiten,<br />
und fordert zudem eine stärkere<br />
Einbindung in den Stadtraum, wie dies in<br />
den Entwürfen der drittplazierten Kollhoff<br />
und Mäckler durch die Wiederaufnahme<br />
des Apothekenflügels in moderner Form<br />
gewährleistet sei.<br />
Auch Redecke (2009) nutzt seine vielseitige<br />
Entwurfsdarstellung und -kritik in der<br />
Bauwelt im Wesentlichen für eine Auseinandersetzungen<br />
mit den Schwachpunkten<br />
der insgesamt „kritischen Rekonstruktion“<br />
(Redecke 2009: 12) des Stadtschlosses<br />
durch Stella. Dabei schließt er allerdings<br />
Auslober und Konkurrenz mit ein, anstatt<br />
sämtliche Probleme dem Sieger anzulasten.<br />
Alle Wettbewerbsergebnisse, die sich<br />
nicht über den Auslobungstext hinwegsetzen,<br />
seien durch die stark beschränkenden<br />
Vorgaben geprägt. Allerdings sah Redecke<br />
auch eine deutliche Prioritätensetzung:<br />
„Die Rekonstruktion der Schlossfigur steht<br />
im Vordergrund“ (Redecke 2009: 14) im<br />
Gegensatz etwa zum Nutzungskonzept.<br />
Diese Aufgabe hätten viele Architektinnen<br />
und Architekten offenbar gescheut; es<br />
sei zu vermuten, dass es darüber hinaus<br />
„Warnungen gegeben hat, sich nicht in die<br />
Höhle des Löwen – ein Geflecht verschiedener<br />
Interessen: Schlossfassaden-Dogmatik,<br />
Kostenreduzierung, Nutzungsgerangel<br />
– zu begeben“, das letztlich nicht zu lösen<br />
sei. So sei der international ausgeschriebene<br />
Wettbewerb, zu dem vom Bauherren bis<br />
zu 1 000 Bewerbungen erwartet worden<br />
waren, zu einer „regionalen Kompetition“<br />
(Redecke 2009: 14) geschrumpft, an dem<br />
vor allem „die etablierte Reihe der Architekten<br />
teilnahm, die in der Berliner Nach-<br />
Wendezeit durch Bauten im Regelwerk der<br />
Kritischen Rekonstruktion Bedeutung erlangten“<br />
(Redecke 2009: 14). Dies sei wohl<br />
auch der Grund, warum „es einige schwache<br />
Konzepte mit teilweise peinlich unbeholfener<br />
Ausarbeitung bis zur Endrunde<br />
geschafft haben“ (Redecke 2009: 14). Stellas<br />
Arbeit sei innerhalb des Bewerberfeldes<br />
diejenige, die die Vorgaben der Auslobung<br />
am stringentesten umsetze. Sie sei<br />
zudem eine erstaunliche Zusammenschau<br />
von Rückbesinnungen: Preußischer Pomp,<br />
Rationalismus und die steinernen Fassaden<br />
der Kritischen Rekonstruktion“. Redecke<br />
lobt die schlichten Grundrisse und das<br />
feste Korsett, aus dem der Entwurf niemals<br />
ausbreche. Dadurch wirke das Konzept<br />
allerdings zumindest in Teilen – hier<br />
führte Redecke insbesondere die Agora im<br />
Eosanderhof an – „uninspiriert und leblos“<br />
(Redecke 2009: 16) und könne nicht<br />
das geforderte öffentliche Forum bilden,<br />
das sich „in besonderer Weise an die junge<br />
Generation“ wenden solle. In ähnlicher