30.01.2015 Aufrufe

PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen

PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen

PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

250 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />

Die Erwähnung des Europäischen Denkmalschutzjahres<br />

zeigt, wie nah schon diese<br />

frühen Rekonstruktionsdebatten der<br />

postmodernen Phase der zu diesem Zeitpunkt<br />

relativ stark in der Bevölkerung präsenten<br />

Denkmalpflege waren. Dennoch<br />

führte ihr Auftreten zunächst nicht zu einer<br />

breiten fachinternen Debatte oder<br />

erodierte gar die gerade erst erneuerten<br />

Grundfesten des Primats der materiellen<br />

Substanz. Die Theorie der Denkmalpflege<br />

und ihre bundesweit agierenden Inseiner<br />

Disziplin einstellen, nicht automatisch<br />

innerhalb anderer Diskurse übernommen.<br />

Zum anderen wird die wissenschaftliche<br />

Auseinandersetzung von den starken Einflüssen<br />

(durchaus sachverständiger) Nicht-<br />

Fachleute und Praktiker überprägt, die die<br />

Expertenkommunikation und vom konkreten<br />

Fall abgehobene Theoriebildung erschweren.<br />

Sie verstärken damit auch eine<br />

in Teilen der Fachwelt latent vorhandene<br />

Einschätzung, die Heterogenität der Fälle<br />

ermögliche keine umfassende Beschreibung<br />

oder gar Erklärung des Phänomens<br />

(vgl. etwa Ursula Baus während der Diskussion<br />

„Rekonstruktivismus – was tun“).<br />

Entsprechend geringe „Fortschritte“ sind<br />

in den vergangenen Jahren bei der Verortung<br />

der „Rekonstruktionswelle“ innerhalb<br />

weiterer gesellschaftlicher Entwicklungen<br />

entstanden und verharren die<br />

Fachdebatten weiterhin in einer primär<br />

phänomenologischen Sicht. Am weitesten<br />

in dieser Hinsicht fortgeschritten scheint<br />

von den hier ausgewerteten Arenen die<br />

Diskussion während des Workshops „Rekonstruktion<br />

Dekonstruktion Konstruktion“<br />

der AG Architektursoziologie, die<br />

allerdings einem recht kleinen Kreis Interessierter<br />

vorbehalten blieb. Selbst hier versuchten<br />

allerdings die wenigsten Diskutanten,<br />

Erklärungsansätze zu formulieren<br />

und führte die in der Arbeitsgruppe angelegte<br />

Transdisziplinarität zu Missverständnissen<br />

sowie behinderte teilweise<br />

eine tiefer gehende soziologische Analyse<br />

innerhalb der Diskussionen.<br />

6.1 Denkmalpflegepositionen und<br />

Praxis in einer Übergangszeit<br />

6.11 Erste postmoderne<br />

Wiederaufbauvorhaben als<br />

lokales Phänomen in der alten<br />

Bundesrepublik<br />

Wenngleich es schwer ist, den genauen Beginn<br />

der hier als postmodern bezeichneten<br />

Rekonstruktionswelle auszumachen,<br />

kann davon ausgegangen werden, dass in<br />

den 1970er Jahre wieder verstärkt lokale<br />

Debatten um Wiederaufbauvorhaben beginnen<br />

(zur Orientierung: In Hildesheim<br />

startete 1971 die Diskussion um den Wiederaufbau<br />

des Knochenhaueramtshauses,<br />

in Frankfurt 1977 die um die Römerberg-<br />

Ostzeile). Verwirklicht werden diese Vorhaben<br />

auch aufgrund der ökonomischen<br />

Rahmenbedingungen erst ab den 1980er<br />

Jahren, so dass sie für viele erst in dieser<br />

Zeit tatsächlich in Erscheinung treten. In<br />

der Architektur findet die Postmoderne,<br />

die auch im Neubau nicht an Zitaten spart<br />

und sich der Nüchternheit ihrer Vorgänger<br />

zu entledigen versucht, ihren Höhepunkt.<br />

Schließlich setzt mit dem konservativen<br />

Regierungswechsel in Bonn auch<br />

eine neue Erinnerungs- und Geschichtspolitik<br />

ein (vgl. Falser 2008: 308).<br />

Die angesprochenen Wiederaufbauvorhaben<br />

fallen in eine Phase, die durch ein<br />

starkes politisches Engagement der Bevölkerung<br />

geprägt ist. Zu einem der wesentlichen<br />

fachlichen Kritikpunkte, dem sich<br />

eine vergleichsweise breite Mehrheit anschließt,<br />

gehört die Kritik an Architektur<br />

und Städtebau der Nachkriegsmoderne,<br />

die teilweise in einen insgesamt anti-modernen<br />

Kontext eingebettet ist. Hier treffen<br />

sich interessanterweise Teile der sozialorientierten<br />

studentischen Protestbewegung<br />

der späten 1960er Jahre mit bürgerlichkonservativen<br />

Ressentiments, die bereits<br />

innerhalb der Debatten der Nachkriegszeit<br />

bestanden. Innerhalb dieser Konstellation<br />

erfahren auch zuvor verhinderte und<br />

bislang verwehrte Rekonstruktionswünsche<br />

eine neuerliche Stärkung. Entsprechend<br />

der schon im Denkmalschutzjahr<br />

von 1975, das unter dem bemerkenswerten<br />

Motto „Eine Zukunft für unsere Vergangenheit“<br />

stattfand, proklamierten „ästhetischen<br />

Konsumierbarkeit“ (vgl. Falser<br />

2008: 305) der hier kaum als komplexes gesellschaftliches<br />

Konstrukt verstandenen<br />

Städte wurden jene damit auch von vielen<br />

gesellschaftlichen Ansprüchen befreit, die<br />

insbesondere im Nachkriegswiederaufbau<br />

bestimmend waren.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!