PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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Fallstudien<br />
183<br />
Zentraler Beweggrund für das Engagement<br />
für eine Wiederherstellung der Paulinerkirche<br />
– und zunächst auch des<br />
Augusteums, auch wenn dies in der nachfolgenden<br />
Diskussion eine immer geringere<br />
Rolle spielt – ist also die Erinnerung<br />
an den Akt der Zerstörung, den viele Vereinsmitglieder<br />
persönlich miterlebt haben<br />
und gegen den sie in verschiedenem Umbegründer<br />
des seit 14.8.2008 bestehenden,<br />
losen Aktionsbündnisses „Neue Universitätskirche<br />
St. Pauli“ ist. Gründungsmitglieder<br />
sind der Vorsitzende des Paulinervereins<br />
Ulrich Stötzner, der Leiter der<br />
Volkshochschule, Rolf Sprink, Thomaskirchenpfarrer<br />
Christian Wolff, die Bundesbeauftragte<br />
für die Stasi-Unterlagen<br />
in Leipzig, Regina Schild, Landesdirektionspräsident<br />
Walter Christian Steinbach,<br />
der Direktor des Zeitgeschichtlichen Forums,<br />
Rainer Eckert, und Superintendent<br />
Martin Henker. (LVZ 15.8.2008) Den Aufruf<br />
zu dem vom Ak tionsbündnis getragenen<br />
Thesenanschlag Wolffs haben zudem<br />
auch der Pauliner-Vorsitzende Stötzner,<br />
der SPD-Bundestagsabgeordnete Weißgerber<br />
und ein Professor am Institut für Kulturwissenschaften<br />
der Universität Leipzig<br />
unterzeichnet.<br />
Eine bürgerschaftliche Gegenposition zu<br />
den Rekonstruktionsbefürworter war lange<br />
Zeit nicht vorhanden. Diese Rolle wurde<br />
weitgehend alleine von Universität und<br />
Stadt – bis zu deren Einlenken auch von<br />
der Landesregierung – vertreten. Nur sporadisch<br />
gab es Äußerungen von Einzelpersonen<br />
etwa in Leserbriefen und im Moment<br />
des Rücktritts des Universitätsrektors<br />
auch eine weitgehend aus der Hochschule<br />
heraus entstandene Initiativgruppe (Quester<br />
25.8.2009). Zur Bildung einer Bürgerinitiative<br />
kam es hingegen erst, als innerhalb<br />
des Streits um die Glaswand der Ton<br />
schärfer wurde und Prof. Zöllner (Kunstgeschichte)<br />
um eine entsprechende Stimme<br />
aus der Leipziger Bevölkerung bat. In<br />
der Folge bildete sich Ende 2008 die Bürgerinitiative<br />
„Für eine weltoffene, weltliche<br />
und autonome Universität Leipzig“,<br />
die allerdings weniger das Wiederaufbauvorhaben<br />
als architektonische Aufgabe<br />
kritisch begleitet – diese Debatte war zum<br />
Zeitpunkt ihrer Gründung ja bereits beendet<br />
– sondern sich im Wesentlichen gegen<br />
einen wachsenden klerikalen Einfluss auf<br />
die Universität wehrt. Während sie sich<br />
selber als überparteilich und überkonfessionell<br />
sieht (Schroth/Tesch 26.8.2009),<br />
wird sie von ihren Widersachern als der<br />
Linken nahe stehend und anti-religiös aufgefasst.<br />
Die BI arbeitet ganz im Gegensatz<br />
zum Paulinerverein ohne institutionalisierte<br />
Struktur in Form eines Vorstandes<br />
oder Sprechergremiums, allerdings wird<br />
Johannes Schroth nach außen als Sprecher<br />
wahrgenommen und fungiert Joachim<br />
Tesch als Verantwortlicher für die interne<br />
Kommunikation. Daher besteht auch<br />
die gemeinsame Position der BI nur aus<br />
der knappen Gründungserklärung und<br />
wird über alle Aktionen und Verlautbarungen<br />
im Konsens unter den Aktiven (Initiativgruppe)<br />
entschieden, bei Bedarf gibt es<br />
Vollversammlungen.<br />
Entstehen, Ursachen und Beweggründe<br />
der Bürgerinitaitve(n)<br />
Nachdem bereits während der politischen<br />
Wende – etwa auf Bürgerforen – die Erinnerung<br />
an die Universitätskirche und ihre<br />
willkürliche Zerstörung aufkam, bildete<br />
sich im Herbst 1990 auch angeregt durch<br />
die Gründung des Förderkreises für den<br />
Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche<br />
(Topfstedt 2000: 329) zunächst eine „Bürgerinitiative<br />
zum Wiederaufbau von Universitätskirche<br />
und Augusteum in Leipzig“,<br />
aus der sich dann der gleichnamige Verein<br />
entwickelte. Der am 15.1.1992 gegründete<br />
„Paulinerverein – Bürgerinitiative zum<br />
Wiederaufbau von Universitätskirche und<br />
Augusteum in Leipzig e. V.“ nennt in seiner<br />
Satzung (Fassung vom 23.9.2003; www.<br />
paulinerverein.de) folgende Ziele:<br />
„§ 2 Zweck und Aufgaben<br />
Zweck und Aufgabe des Vereins ist es, die<br />
Erinnerung an den barbarischen Willkürakt<br />
der Zerstörung von Universitätskirche<br />
und Augusteum in der Bevölkerung<br />
zu bewahren, die Universität Leipzig<br />
bei der Erhaltung und Pflege der erhaltenen<br />
Kunstwerke aus der Pauliner-Universitätskirche<br />
zu unterstützen und konsequent<br />
als (Fern-)ziel die Wiedererrichtung<br />
der beiden geschichtsträchtigen Gebäude<br />
vorzubereiten. Diese Gebäude sollen wieder<br />
wie früher für kirchliche und musikalische<br />
Zwecke sowie für Lehr- und Verwaltungszwecke<br />
der Universität Leipzig<br />
genutzt werden.“