PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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Zusammenfassung 5<br />
vielschichtigsten Rekonstruktionsdebatten,<br />
in der sowohl gestalterische Aspekte<br />
als auch die Nutzung und Symbolik diskutiert<br />
wurden (vgl. Kap. 5.2). Darüber hinaus<br />
bestanden erhebliche machtpolitische<br />
Konflikte. Eine wesentliche Besonderheit<br />
liegt darin, dass das Vorhaben einer originalgetreuen<br />
Rekonstruktion zwar gescheitert,<br />
aber eine Neuinterpretation mit Vermittlungscharakter<br />
durchgeführt wurde.<br />
Insofern ist es von besonderem Interesse,<br />
für Wiederaufbauvorhaben formulierte<br />
Erfolgskriterien anhand dieses Beispiels<br />
gescheiterter Bemühungen zu überprüfen<br />
und gleichzeitig auch die Fähigkeit<br />
des nun betont zeitgenössischen Baus zur<br />
Identifikation zu diskutieren. Schließlich<br />
spielen bei der Analyse der unterschiedlichen<br />
Konfliktlinien und ihrer Bedeutung<br />
auch die andernorts wiederkehrenden<br />
Faktoren überregionaler Einmischung<br />
und sakraler Nutzung innerhalb eines säkularen<br />
Kontexts eine bedeutende Rolle.<br />
Neben diesen zwei ostdeutschen Fallstudien<br />
sollen auch zwei Beispiele aus den westlichen<br />
Bundesländern untersucht werden.<br />
Das Rathaus Wesel steht hier für ein Wiederaufbauvorhaben,<br />
das zudem jenseits<br />
der „Hotspots“ der Rekonstruktionsbewegungen<br />
diskutiert und mittlerweile auch<br />
umgesetzt wird (vgl. Kap. 5.3). Als eine von<br />
relativ vielen Rathaus-Wiederherstellungen<br />
ist der Prozess erheblich durch zivilgesellschaftliches<br />
Engagement geprägt. Untersucht<br />
werden muss hingegen die zum<br />
Teil bereits widerlegbare Beschreibung als<br />
konfliktfreies Vorhaben. Anlass zur vertieften<br />
Auseinandersetzung bieten zudem<br />
der Strategiewechsel von einer vollständigen<br />
zu einer Fassadenrekonstruktion aus<br />
Kostengründen und der erhebliche Anteil<br />
öffentlicher Mittel.<br />
Schließlich wurde das Frankfurter Thurnund-Taxis-Palais<br />
ausgewählt, das auch als<br />
Beispiel für die Wiederherstellung eines<br />
Herrschaftsbaus dient (vgl. Kap. 5.4). Darüber<br />
hinaus wird es dem Wiederaufbautyp<br />
der „verfälschenden“ Nachbildung zugerechnet,<br />
da gegenüber dem Vorgängerbaus<br />
erhebliche Veränderungen hinsichtlich Architektur,<br />
städtebaulicher Integration und<br />
Nutzung vorgenommen wurde. Zudem ist<br />
es Bestandteil eines umfassenden Projekts<br />
des Stadtumbaus innerhalb des 17,4 Hektar<br />
großen so genannten „PalaisQuartiers“.<br />
Die bislang vermutete im Vergleich zu den<br />
übrigen Frankfurter Beispielen geringe öffentliche<br />
und politische Debatte um das<br />
Vorhaben soll ebenso hinterfragt werden<br />
wie ihr Bezug zur Innenstadtentwicklung.<br />
In der Zusammenschau (vgl. Kap. 5.5) lässt<br />
sich festhalten, dass Rekonstruktionsvorhaben<br />
dann durchsetzbar werden, wenn<br />
sie Bauwerke mit hoher zugeschriebener<br />
Bedeutung betreffen und sich eine Diskurskoalition<br />
formiert, die zwar nicht widerspruchsfrei<br />
in ihrem Konglomerat befürwortender<br />
Argument sein muss, aber<br />
auf unterschiedlichen Ebenen argumentationsfähig<br />
ist. Sie hat, wenn nicht exogene<br />
Rahmenbedingungen dem entgegenstehen,<br />
eine Chance, sich durch die Klarheit<br />
ihrer Vision gegen die Ungewissheit des<br />
Versprechens auf die Überzeugungskraft<br />
zeitgenössischer Architektur durchzusetzen.<br />
Die aktuelle Fachdebatte und<br />
ihre Vorläufer<br />
Eine Analyse der Debatte innerhalb der<br />
Denkmalpflege-Profession macht deutlich,<br />
dass eine Auseinandersetzung mit Rekonstruktionsvorhaben<br />
eher widerwillig geführt<br />
wird. Dabei bröckelt allmählich die<br />
ablehnende Front, die den Wiederaufbauvorhaben<br />
entgegentritt, aber bei zunehmend<br />
differenzierter Auseinandersetzung<br />
und im Zusammenhang mit den medialen<br />
Erfolgen realisierter Bauten wie der Frauenkirche.<br />
Schon in der Übergangszeit im<br />
Umfeld der deutschen Einigung (vgl. Kap.<br />
6.1) wird die Debatte durch die verspäteten<br />
Wiederaufbauvorhaben in Ostdeutschland<br />
neu herausgefordert, unterstützt<br />
durch die Tendenzen, nach der Vereinigung<br />
einen Abschluss der reflektierenden,<br />
kritisch mahnenden Epoche der erweiterten<br />
Nachkriegszeit zu sehen und nunmehr<br />
einen entspannteren Umgang mit der Vergangenheit<br />
zu pflegen.<br />
Die Fachdebatte setzt erst relativ spät und<br />
in Reaktion auf die aufkommende Rekonstruktionswelle<br />
ein (vgl. Kap. 6.2). Mit der<br />
umfassenden Symposienreihe „Nachdenken<br />
über Denkmalschutz“ wird das Fundament<br />
der Denkmalpflege durchleuchtet<br />
und nach alternativen Zugängen gefragt,<br />
die insbesondere das Authentizitätsparadigma<br />
ergänzen wollen.<br />
In neueren Ansätzen wird systematischer<br />
nach den Hintergründen der Rekonstruktionswelle<br />
gefragt (vgl. Kap. 6.3). Diese<br />
Kontextualisierung und präzisere Auseinandersetzung<br />
mit dem Phänomen schiebt<br />
dieses aus der Sicht der Architektur und