PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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Fallstudien<br />
211<br />
Fassade an der postmodernen „Trapp-Zeile“<br />
haben wird. So ist noch nicht abzusehen,<br />
ob sie über eine Fuge oder ähnliches<br />
als eigenständiges Objekt erkennbar<br />
sein wird, wie dies etwa bei der Halberstädter<br />
Ratslaube der Fall ist. Ebenso wird<br />
sich das genaue Zusammenspiel der aufwendig<br />
verzierten Rathausfassade und der<br />
ansonsten relativ schmucklosen, gleichförmigen<br />
und wenig ortsangepassten Zeile<br />
erst nach Baufertigstellung zeigen. Hier<br />
sind allerdings jeweils erhebliche Bedenken<br />
angebracht. Nicht zuletzt deshalb wird<br />
wohl derzeit auch sowohl über eine geringfügige<br />
gestalterische Aufwertung der<br />
„Trapp-Zeile“ durch eine angepasste Farbgebung<br />
und Ähnliches als auch eine massive<br />
Veränderung der gegenüber liegenden,<br />
aus den 1950er Jahren stammende Marktplatznordseite<br />
sowie der Platzoberfläche<br />
nachgedacht. Sie werden als notwendig erachtet,<br />
damit die rekonstruierte Fassade<br />
ihre volle stadträumliche Wirkung entfalten<br />
könne.<br />
Entwicklung der politischen Kultur und des<br />
zivilgesellschaftlichen Engagements<br />
Der politische Prozess um das Wiederaufbauvorhaben<br />
war zwar kontrovers, scheint<br />
aber nicht bedeutend genug, als dass sich<br />
hieraus eine grundlegende Veränderung<br />
innerhalb der politischen Kultur ergeben<br />
würde. Auch ist nicht abzusehen, dass<br />
über das Projekt insgesamt eine stärkere<br />
Zuwendung zu baukulturellen und städtebaulichen<br />
Themen seitens der Kommunalpolitik<br />
stattfinden könnte. Die nach<br />
gelagerte Diskussion um eine weitere Aufwertung<br />
des Großen Marktes scheint den<br />
bestehenden Eindruck einer weitgehend<br />
fachfremden Debatte zu bestätigen (so<br />
wurde durch die CDU-Fraktion ein Antrag<br />
gestellt eine Gestaltungssatzung zu erstellen,<br />
ohne dass inhaltliche Vorgaben formuliert<br />
worden wären).<br />
Hingegen erscheint das Wiederaufbauvorhaben<br />
immer wieder als positives Beispiel<br />
zivilgesellschaftlichen Engagements,<br />
und ein wesentlicher Teil des Erfolgs der<br />
Bürgerinitiative ist auf ihren Einsatz und<br />
dessen Würdigung zurückzuführen. Dies<br />
könnte anderen Initiativen als Vorbild<br />
und Anregung dienen, wie das im Falle<br />
der ISG teilweise bereits erkennbar ist. Zudem<br />
wird das Vorhaben relativ bald abge<br />
schlossen sein, wodurch bislang in Verein<br />
und Stiftung aktive Bürgerinnen und Bürger<br />
möglicherweise andere Betätigungsfelder<br />
suchen werden.<br />
Lokale Identifikation<br />
Offenbar gibt es in Wesel ein relativ breites<br />
Interesse an dem Wiederaufbauvorhaben<br />
als lokalem Ereignis. Ob daraus, einen<br />
erfolgreichen baulichen, ortsprägenden<br />
Abschluss vorausgesetzt, auch eine breite<br />
Anerkennung der rekonstruierten Rathausfassade<br />
als allgemeiner Identifikationsort<br />
der Weselerinnen und Weselaner<br />
entstehen wird, ist zunächst noch nicht<br />
absehbar, allerdings durchaus eine wesentliche<br />
Identifikationswirkung für diejenigen<br />
Bürgerinnen und Bürger, die aktiv<br />
an der Umsetzung des Vorhabens mitgewirkt<br />
haben und somit den Ort in der von<br />
ihnen gewünschten Weise prägen. Dies<br />
ist insbesondere für den Teil der Rekonstruktionsbefürwortern<br />
wichtig, die aus<br />
biografischen Gründen nach Wesel gekommen<br />
sind und denen hier bislang ein<br />
Identifikations ort fehlte. Ob darüber hinaus<br />
eine tiefer gehende Identifikation mit<br />
der städtischen Geschichte ermöglicht<br />
wird – und wenn ja, mit welche Teilen – ist<br />
fraglich.<br />
(Touristische) Vermarktung<br />
Wesel hat in den vergangenen Jahren ein<br />
verstärktes Interesse entwickelt, sich insbesondere<br />
für Tages- und Radtouristen<br />
aus dem nahen Agglomerationsraum an<br />
Rhein und Ruhr als Destination zu etablieren<br />
(vgl. insg. Hille 2009). Bei geografisch<br />
günstiger Lage am Zufluss der Lippe<br />
in den Rhein fehlt der Mittelstadt bislang<br />
eine touristische Attraktion außer dem<br />
Dom, was insbesondere in der Konkurrenz<br />
zu Städten vergleichbarer Größe im<br />
Umland negativ auffällt. Dennoch konnte<br />
in den vergangenen Jahren der Tourismus<br />
gesteigert werden, und es besteht die<br />
Hoffnung auf eine Verstärkung durch den<br />
neuen Anziehungspunkt. Kurz- bis mittelfristig<br />
ist eine entsprechende Wirkung<br />
durchaus wahrscheinlich, da bereits jetzt<br />
ein Interesse der Touristen erkennbar<br />
scheint und die Rekonstruktion durchaus<br />
als Ereignis und Neuigkeitsfaktor wahrgenommen<br />
wird.