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276 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />
Bereits Lösel (28.11.2009) berichtet fast<br />
ebenso ausführlich über den nach Auffassung<br />
einiger Kritiker quasi zweitplazierten,<br />
weil am zweithöchsten dotierten Sonderpreis.<br />
Sie bezeichnet die Idee, die Fassade<br />
aus Backstein zu bauen und je nach Spendenfortschritt,<br />
Kapazität an Steinmetzen<br />
und Wille mit Fassadenteilen zu bestücken,<br />
als „bestechend“ und die negative<br />
Kuppel als „Clou des Entwurfs“. Als Begründung,<br />
warum der Entwurf nicht gewonnen<br />
habe, führt sie zweimal Jury-Mitglied<br />
Gesine Weinmiller an: Einerseits<br />
hätten Kuehn Malvezzi „‚rein rechtlich<br />
keine Chance‘ gehabt“, andererseits sei es<br />
eine ironische „Provokation dem Bauherrn<br />
gegenüber“ gewesen. Lösel allerdings erscheint<br />
die Ironie wesentlich besser zuzusagen<br />
als „ein bierernstes Schloss“. Auch<br />
Rauterberg (04.12.2008) sieht die Lösung<br />
als Bruch „mit dem gravitätischen Ernst<br />
der Bauaufgabe“ an, „ohne sie ins Lächerliche<br />
zu ziehen“, verbleibt aber defensiv,<br />
indem er kritisierte, dass „für eine derart<br />
dialektische Gestaltung der Schlosssehnsüchte,<br />
für einen reflektierten Umgang mit<br />
der Geschichte […] der Jury der Mut“ gefehlt<br />
habe.<br />
Ende Dezember wird der Entwurf hingegen<br />
vermehrt in den Vordergrund gestellt<br />
und damit zu einer überlegenswerten Alternative<br />
aufgebaut. So erscheint in der<br />
Welt ein Interview (Poschardt 22.12.2008)<br />
mit den „heimlichen Favoriten“ Kuehn<br />
Malvezzi, die so Gelegenheit erhalten, ihren<br />
Entwurf vorzustellen und seine Vorzüge<br />
hervorzuheben. Die Bautechnik entspreche<br />
der barocken Bauweise, die – in<br />
der Auslobung nur lapidar erwähnte –<br />
Kuppel sei ohne die Kirchenfunktion nicht<br />
angemessen und ihr Entwurf ein „Architekturmodell<br />
im Maßstab 1: 1“. Die so präsentierte<br />
Alternative wird einen Tag später<br />
von Arno Lederer (23.12.2008) in der Zeit<br />
zur Forderung erhoben und die nicht erfolgte<br />
Prämierung skandalisiert: „Der beste<br />
Entwurf wurde verhindert – aus Angst<br />
vor einem Rechtsstreit“. Auch er bezeichnet<br />
die Berliner Architekten als „heimliche<br />
Sieger“. Ihr Entwurf erfülle nicht nur<br />
„alles, wirklich alles, was das Programm<br />
fordert […], sondern biete[..] auch eine<br />
ganz eigene frische und unerwartete Antwort<br />
auf das lang debattierte und kritisierte<br />
Programm“, indem sie die Fassade zusammen<br />
mit der Zeit „als eines von vielen<br />
Entwurfsmaterialien“ begriffen. Die Jury<br />
selbst habe zudem die Frage der Kuppel offen<br />
gelassen und es den Bearbeitern überlassen<br />
zu entscheiden, was eine Kuppel sei.<br />
Schließlich hätten sie im Gegensatz zu den<br />
anderen Beiträgen die zentrale, allerdings<br />
nicht einklagbare „Forderung nach einer<br />
Architektur, die nachfolgende Generationen<br />
anspricht“, beantwortet.<br />
Schließlich stellt Jenatsch (2009) den Sonderpreis<br />
in der Bauwelt fast gleichberechtigt<br />
dem Siegerentwurf gegenüber. Er lobt<br />
sowohl die Möglichkeit, die Fassade sukzessiv<br />
zu verkleiden und so auch die Debatte<br />
aufrechtzuerhalten als auch die Konzeption<br />
der freigestellten Fassade durch<br />
Verlagerung des Eosanderhofs. Hierdurch<br />
werde nicht nur die Fassade als Artefakt<br />
deutlicher wahrnehmbar, sondern gelinge<br />
auch eine den Nutzungen angemessene<br />
Organisation der Eingangssituation wie<br />
eine Verbindung von Innen und Außen. Er<br />
formuliert aber gleichzeitig auch Kritik an<br />
der „nicht überzeugend[en]“ Ostseite.<br />
6.4 Die Fachdebatte –<br />
Normalisierung,<br />
Differenzierung, Evolution<br />
Während in den letzten Jahren nicht zuletzt<br />
aufgrund der Rekonstruktionswelle<br />
und der Infragestellung des Authentizitätsparadigmas<br />
die institutionalisierte Denkmalpflege<br />
in Frage gestellt wird – nicht<br />
zuletzt aus der Profession selbst –, ist festzuhalten,<br />
dass in vielen Bereichen seit<br />
dem Europäischen Denkmalschutz jahr<br />
zunächst einmal wesentliche Erfolge erzielt<br />
worden sind. Diese reichen von dem<br />
riesigen Interesse für die Tage des Denkmals<br />
bis hin zur begrifflichen Weiterung<br />
im Zusammenhang mit der Welterbedebatte.<br />
Kulturkritisch mag man hinter der<br />
Tatsache, dass wunderbar herausgeputzte<br />
Denkmale ein wesentlicher Attraktivitätsfaktor<br />
im Städtetourismus sind, die Bedrohung<br />
einer Entwertung der Denkmale<br />
sehen. Die zwei viel wesentlicheren Bedrohungen,<br />
erstens die der fehlenden Nachnutzung<br />
und zweitens die einer Infragestellung<br />
durch Investoren, sind teilweise<br />
auch eine Folge des Erfolgs der Denkmalpflege,<br />
indem sich die Zahl der gelisteten<br />
Objekte immer weiter erhöht hat und vor<br />
allem auch „sperrige“ Denkmale und Industriebauten<br />
hinzugekommen sind. Es