PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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Die aktuelle Fachdebatte – Tendenzen eines inter- und transdisziplinären Diskurses<br />
275<br />
Weise kritisiert er auch die Ausführung der<br />
als „konzeptionell überzeugend“ (Redecke<br />
2009: 16) hervorgehobenen Passage in der<br />
Mitte des Schlosses als wenig anregend<br />
gestaltet. Das ansonsten des Öfteren ebenfalls<br />
positiv besprochene Belvedere hingegen<br />
findet bei ihm wenig Anklang, könne<br />
es doch „auch als Treppenhausanlage eines<br />
der typischen italienischen Friedhofsblocks<br />
dienen“ (Redecke 2009: 16).<br />
Neben dem Siegerentwurf werden von Redecke<br />
allerdings auch die dritten Preise<br />
mit deutlicher Kritik bedacht, so dass<br />
er letztlich gar davon ausgeht, der Wettbewerb<br />
biete den Gegnern der Kritischen<br />
Rekonstruktion in Berlin neue Argumente.<br />
Er führt dies maßgeblich auf ein Missverständnis<br />
der architektonischen Aufgabe<br />
zurück: Nicht Einfügen in den Bestand<br />
oder Eingehen auf Vorhandenes sei hier<br />
gefragt, wo doch „ein Schloss aus dem<br />
Nicht wieder entstehen“ solle.<br />
Hat Peter Richter (29.11.2008) noch darauf<br />
verwiesen, dass sich alle „sehr glücklich<br />
mit der Entscheidung“ gezeigt hätten<br />
und nur vermutet, dass damit eine Enttäuschung<br />
verborgen werden solle, so formulieren<br />
einige Jury-Mitglieder diese Enttäuschung<br />
in der Bauwelt (3/2009) sehr<br />
deutlich. Giorgio Grassi (2009: 30) und<br />
Jean-Louis Cohen (2009: 30) verweisen darauf,<br />
dass es hier um eine politische Entscheidung<br />
gegangen sei und schon in der<br />
Wettbewerbsausschreibung „Wert und Eigenheit<br />
des neuen Schlosses als architektonischer<br />
Ausdruck“ nicht berücksichtigt<br />
worden seien. Cohen (2009: 31) spricht<br />
von einem Widerspruch von Programm<br />
und Ästhetik, der „genau jene räumlichen<br />
Schwierigkeiten rekonstruiert [habe], die<br />
beim Umbau historischer Gebäude für<br />
neue Programme entstehen“, und Peter<br />
Kulka (2009) ergänzt, von den Fachpreisrichtern<br />
geforderte Änderungen der Auslobung<br />
seien im Vorfeld abgelehnt worden.<br />
Von den Teilnehmern sei „die Quadratur<br />
des Kreises“ verlangt worden. „Desillusioniert“<br />
ist Grassi (2009: 30) von den Ergebnissen,<br />
die weitgehend „technokratische<br />
Antworten zum ausgeschriebenen<br />
Bauvorhaben“ darstellen und deren Verfassern<br />
sich somit „von ihrer eigentlichen<br />
Aufgabe als Architekten“ (Grassi 2009: 31)<br />
losgesagt hätten. Ihm selber sei dann nur<br />
noch das „Prinzip der Schadensbegren<br />
zung“ (Grassi 2009: 31) geblieben. Das Urteil<br />
der Jury sei „leidenschaftslos“ gewesen,<br />
so Cohen (2009: 31), „leider bot kein anderer<br />
der Beiträge, die sich an die von der Politik<br />
vorgegebenen Regeln gehalten haben,<br />
eine überzeugendere oder gar realistischere<br />
Lösung“. Wahrscheinlich hätte er sich<br />
wie Kulka (2009) für das „‚Haus der Weltkulturen‘<br />
in der Mitte Berlins ein mutigeres,<br />
stärker in die Zukunft weisendes Abbild<br />
unseres heutigen gesellschaftlichen<br />
Lebens gewünscht“.<br />
Diesen Bekenntnissen einiger Jurymitglieder,<br />
die letztlich mehr noch als die<br />
der Entscheidung vorangegangene Kritik<br />
Lampugnanis den Siegerentwurf unterminieren,<br />
folgen weitere Schmähungen. Jenatsch<br />
(2009) geht dabei etwa so weit, in<br />
den von ihm vielleicht am deutlichsten<br />
herausgestellten Unzulänglichkeiten des<br />
Entwurfs eine Absicht Stellas zu sehen, die<br />
Vorgaben der Ausschreibung zu unterlaufen,<br />
indem er ihnen strikt folgt:<br />
„Im Untergeschoss die fensterlosen Restaurants,<br />
im Erdgeschoss Hausmeister- und<br />
Lagerräume mit Blick auf den Lustgarten.<br />
Die Schlüter-Portale, die sich gerade in ihrer<br />
innenräumlich-plastischen Durchbildung<br />
von den späteren Eosanderportalen<br />
unterscheiden: nichts als schmale, tunnelartige<br />
Passagen, an denen u. a. WCs angelagert<br />
sind. An der Stelle des triumphalen<br />
Schlütertreppenhauses, der Gigantentreppe:<br />
Ein schmaler, asymmetrisch liegender<br />
Durchgang zum ungestalteten Spreeufer,<br />
eine Mitarbeitercafeteria und weitere<br />
WCs. Dieser Mann muss Schlüter und sein<br />
Schloss hassen! Er heißt Franco Stella, sein<br />
Entwurf erhielt den 1. Preis.“<br />
Alternative<br />
Während die Entwürfe der Drittplazierten<br />
auf kaum positivere Resonanz stoßen als<br />
der Siegerbeitrag – Kowa (28.11.2008) etwa<br />
empfindet zumindest die von Kleihues &<br />
Kleihues sowie Christoph Mäckler sogar<br />
als „rundheraus erschreckend“ -, avanciert<br />
der von der Jury als Sonderpreis ausgezeichnete,<br />
„weithin debattierte“ (Bernau<br />
30.12.2008) Entwurf von Kuehn Malvezzi<br />
von einer „frechen Alternative“ (Lösel<br />
28.11.2009) zu einer zumindest von Teilen<br />
der Architekturkritik mehr oder weniger<br />
unverhohlen geforderten Möglichkeit.