PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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Die aktuelle Fachdebatte – Tendenzen eines inter- und transdisziplinären Diskurses<br />
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aufbauvorhaben auf nicht umfassend vorhandene<br />
gesellschaftliche Katalysatoren<br />
angewiesen seien. Allgemein seien dies<br />
etwa die Postmoderne, die Deutsche Vereinigung,<br />
die Zunahme zivilgesellschaftlicher<br />
Mitwirkung im Zuge von Entstaatlichung,<br />
aber auch die Entfachlichung<br />
von Debatten und nicht zuletzt die erfolgreiche<br />
Wiederherstellung der Frauenkirche<br />
als Referenzobjekt. Vor Ort trage zur<br />
Durchsetzung von Rekonstruktionen bei,<br />
dass durch die Verunsicherung der Politik<br />
der einfache Konsens eine hohe Mobilisierungskraft<br />
besitze und Rekonstruktionen<br />
im Gegensatz zu innovativen zeitgenössischen<br />
Lösungen als Risikovermeidungsstrategie<br />
angesehen der Politik werden<br />
könnten. Die Aufgabe der mit der gebauten<br />
Umwelt befassten Professionen sieht<br />
Altrock darin, die Möglichkeiten zur Identitätsbildung<br />
an bedeutenden Orten neu<br />
auszuloten. Die derzeitigen Initiativen zur<br />
Baukultur seien hier viel versprechend, sofern<br />
sie einen umfassenden Ansatz verfolgten.<br />
Auch solle die Charta von Venedig<br />
neu diskutiert und das Potenzial integrierter<br />
Lösungen stärker ausgeschöpft werden.<br />
Als bau- und planungspolitischer Sprecher<br />
der Römer-Fraktion von Bündnis 90/Die<br />
Grünen empfindet Stefan Majer die Frankfurter<br />
Diskussionen zum Thema mittlerweile<br />
schwer erträglich. Dabei wirbt er<br />
durchaus um ein Verständnis für die zivilgesellschaftliche<br />
Hinwendung zu Bauund<br />
Planungsthemen. Bürgerinnen und<br />
Bürger seien seit Jahrzehnten verstärkt am<br />
Umgang mit ihrer Stadt interessiert, ihre<br />
emotionale Forderung nach Rekonstruktion<br />
eher als ein backlash zu verstehen.<br />
Auch versucht er, die politischen Kompromisse<br />
der Frankfurter Diskussionen um<br />
Altstadt und Thurn-und-Taxis-Palais zu<br />
erklären, werde doch durch die Wiederaufbauvorhaben<br />
auch eine Stärkung der<br />
Innenstadt ermöglicht und hätten sich die<br />
Rekonstruktionsverfechter eben nicht mit<br />
ihren radikalen Forderungen durchsetzen<br />
können, sodass die zukünftige Qualität<br />
des Dom-Römer-Areals maßgeblich nicht<br />
durch die sechs rekonstruierten, sondern<br />
die übrigen dreißig Gebäude entscheiden<br />
werde. Bei Architekten – namentlich dem<br />
Büro KSP Engel und Zimmermann, das in<br />
beide Projekte involviert war – vermisse er<br />
die eindeutige Haltung zum Bestand.<br />
Die Haltung der Bevölkerung zum modernen<br />
und traditionellen Bauen<br />
Die an diese Eingangsstatements anschließende<br />
Diskussion kreist inhaltlich um<br />
mehrere Themenkomplexe, räumlich vor<br />
allem um Frankfurt und die dortigen Auseinandersetzungen<br />
um das Dom-Römer-<br />
Areal.<br />
Verschiedentlich wird der Gegensatz von<br />
modernem und traditionellem Bauen angesprochen.<br />
Christoph Mohr sieht in der<br />
auf fehlende Vermittlung zurückzuführenden<br />
Unzufriedenheit mit der Moderne<br />
und den Heimlichkeitswünschen der Bevölkerung<br />
einen wesentlichen Grund für<br />
die Rekonstruktionsbestrebungen. Dem<br />
widersprechen Ursula Baus, die einerseits<br />
auf modernistische Bauweisen im Einfamilienhaussektor<br />
und andererseits hohe<br />
Auktionspreise für modernes Mobiliar verweist,<br />
und Michael Frielinghaus, der sagt,<br />
als Nachkriegskind fühle man sich in der<br />
Moderne sehr wohl zu Hause. Eine Vermittlerposition<br />
versuchte Uwe Altrock mit<br />
dem Hinweis, dass selbst im als traditionalistisch<br />
wahrgenommenen New Urbanism<br />
immer wieder Viertel modern gebaut<br />
würden, da es dafür ein entsprechend großes<br />
Minderheiten-Marktsegment gebe.<br />
Überhaupt wird die vermeintliche allgemeine<br />
Zustimmung der Bevölkerung zu<br />
Rekonstruktionsvorhaben in Abrede gestellt.<br />
Sie müsse zumindest in jeder Stadt<br />
neu hinterfragt werden, da die Befürworter<br />
häufig lediglich durch hohe Präsenz<br />
und Leidenschaft deutlich wahrgenommen<br />
und auch von den Medien zusätzlich<br />
verstärkt würden. Stefan Majer verweist<br />
allerdings darauf, dass auch politische<br />
Mehrheiten hierüber einen Eindruck vermitteln<br />
könnten, der sich etwa in Frankfurt<br />
sehr deutlich abgezeichnet habe,<br />
wenngleich er dies als „bodenlosen Populismus“<br />
brandmarkt. Die im Falle der Altstadt<br />
durchgeführte Planungswerkstatt<br />
sieht er hier als Gegenrezept an. Den Medien<br />
wird zwar erheblicher Einfluss attestiert,<br />
doch macht Uwe Altrock deutlich,<br />
dass sie erstaunlicherweise nicht als prägende<br />
Kraft, sondern lediglich als Katalysatoren<br />
in Erscheinung träten. Ihre für sie<br />
durchaus meinungsbildende Profilierung<br />
in Rekonstruktionsdebatten sieht Ursula<br />
Baus in Relation zu Leserschaft, Politik<br />
und – zumindest in Frankfurt – auch zur