PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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Fallstudien<br />
233<br />
eine Internetpräsenz sowie Pressemitteilungen<br />
vermittelt werden. Zu diesen zählen<br />
etwa die ästhetischen Werte („traditionsreiches<br />
Juwel“, „architektonisches<br />
Kleinod“, „Herzstück des neuen Quartiers“,<br />
„Einzigartiger Charakter des äußeren Erscheinungsbildes“),<br />
die angesprochene<br />
Attraktivitätssteigerung („Etablierung einer<br />
Adresse“, „vielfältige und exklusive<br />
Nutzungsmöglichkeiten in historischem<br />
Ambiente“, „Ruhepol des Großstädters“)<br />
sowie als städtebaulicher Aspekt die „gelungene<br />
Integration des Gebäudes in das<br />
Gesamtensemble mit einer Verbindung<br />
von Tradition und Moderne“. Anknüpfend<br />
an geschichtliche Werte wird die „historische<br />
Identität“ nach dem Wiederaufbau<br />
des Gebäudes hervorgehoben, in der<br />
die zukünftigen Besucher „Geschichte atmen“<br />
können (vgl. http://www.palaisquartier.de/thurn-und-taxis-palais/index.php).<br />
Anhand der Ausführungen wird deutlich,<br />
dass dabei nicht der ursprüngliche geschichtliche<br />
Wert des Gebäudes und seine<br />
Bedeutung angesprochen werden.<br />
Die eingeschlagene Vermarktungsstrategie<br />
des Investors führt Lüpke (22.09.2009)<br />
auf den allgemeinen Trend zurück, dass<br />
Eigentümer und Projektentwickler einer<br />
Einzelhandelsimmobilie nach Alleinstellungsmerkmalen<br />
suchen, um sich gegenüber<br />
den bereits existierenden, gleichförmigen<br />
Einkaufsmalls deutlich abzuheben,<br />
zu positionieren und Projekte unverwechselbarer<br />
erscheinen zu lassen. Dazu dient<br />
die Integration von historischen Gebäuden<br />
in die Projektentwicklung, die auch<br />
Bartetzko (24.09.2009) beobachtet. Diese<br />
spiegelt den Trend wider, sich „im Sortiment<br />
der Geschichte zu bedienen und<br />
sich das passende herauszusuchen“, die<br />
ein Motiv für aktuelle Rekonstruktionsversuche<br />
in vielen Städten und Kommunen<br />
darstellen (Lüpke 22.09.2009). Neben<br />
dem Thurn-und-Taxis-Palais zählen Projekte<br />
aus Münster, Braunschweig, Hameln<br />
und Saarbrücken zu den aktuellen Bespielen<br />
(Bartetzko 24.09.2009).<br />
Entsprechend dem oben beschriebenen<br />
Trend treffe die Strategie des Alleinstellungsmerkmals<br />
im übertragenen Sinne<br />
auch auf die Städte zu (Lüpke 22.09.2009).<br />
Tatsächlich verspricht sich die Frankfurter<br />
Stadtpolitik durch die Unterstützung<br />
zur Errichtung von repräsentativen Ge<br />
bäuden eine Imagesteigerung in Bezug auf<br />
den Standortwettbewerb der Städte, um<br />
weiche Standortfaktoren zu stärken (vgl.<br />
hierzu auch Arnings Interpretationsansatz<br />
zur Suche nach Identifikations- und<br />
Orientierungspunkten). Nach Einschätzung<br />
Bartetzkos folgt sie damit dem Motto<br />
„historische Gebäude ziehen“ (Bartetzko<br />
24.09.2009). Im Hinblick auf das Thurnund-Taxis-Palais<br />
kommt dies sowohl in<br />
den bereits dargelegten Argumenten der<br />
Wiederaufbaubefürworter (insbesondere<br />
Jochen Heumann) als auch in den Reden<br />
der Oberbürgermeisterin Petra Roth zum<br />
Ausdruck, die die Sicht der CDU-Rathausspitze<br />
widerspiegelt. In der Rede zum kommunalen<br />
Sachstandsbericht 2006 macht<br />
Roth deutlich: „Wir arbeiten in Frankfurt<br />
intensiv an der Wettbewerbsfähigkeit unserer<br />
Stadt. Wir wollen den nationalen<br />
und internationalen Konkurrenzkampf erfolgreich<br />
bestehen. […] Rückgriffe auf geschichtliche<br />
Bezüge lassen historische<br />
Bauwerke wieder erstehen. […] Das aus<br />
dem 18. Jahrhundert stammende Palais<br />
Thurn und Taxis wird nach Originalplänen<br />
wieder aufgebaut. Dieser Wiederaufbau<br />
reiht sich in die derzeitige Phase der Erinnerungsbauten<br />
unserer Stadt ein. Die Rekonstruktionen<br />
der Alten Stadtbibliothek,<br />
der Gerbermühle und auch die vorgesehene<br />
Modernisierung der Alten Brücke zeigen<br />
dies deutlich. Der Wiederaufbau der<br />
Alten Stadtbibliothek ist großartig und gelungen.<br />
Er fügt sich in die Stadt und das<br />
Stadtbild ein.“ (vgl. Wortprotokoll zur 52.<br />
Sitzung der STVV am 23.02.2006). In der<br />
Grundsatzrede zum Beginn ihrer dritten<br />
Amtszeit 2007 legte Roth ihre Position dar:<br />
„Bewahrung des historischen Gedächtnisses<br />
der Stadt – das heißt auch Wiederaufbau<br />
des Palais Thurn und Taxis, Renovierung<br />
des Höchster Bolongaro-Palasts und<br />
des Sachsenhäuser Kuhhirtenturms, Sanierung<br />
des Karmeliterklosters, Um- und<br />
Neubau des Historischen Museums, Restaurierung<br />
des Gesellschaftshauses im<br />
Palmengarten. Kaum eine Stadt investiert<br />
soviel in ihre Geschichte wie Frankfurt am<br />
Main! Diese Geschichte für die Menschen<br />
zu erhalten und ihnen damit die Möglichkeit<br />
zu Identifikation und Selbstvergewisserung<br />
zu bieten, das ist mein Ziel.“ (o. V.<br />
2007: Grundsatzrede von Oberbürgermeisterin<br />
Petra Roth. In: Frankfurter Allgemeine<br />
Zeitung vom 05.07.2007).