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78 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />

in Berlin und vor allem der Frauenkirche<br />

in Dresden zu Anknüpfungspunkten für<br />

Nachahmerprojekte und Nachahmerargumente<br />

werden.<br />

4.2 Katalytische und prozessbestimmende<br />

Faktoren<br />

Im Folgenden sollen Faktoren diskutiert<br />

werden, die das Aufkommen von Rekonstruktionsdebatten<br />

in den letzten Jahren<br />

unterstützen. Sie knüpfen an gesellschaftliche<br />

Veränderungstendenzen an, die am<br />

ehesten mit politikwissenschaftlichen Erklärungsansätzen<br />

zu fassen sind. Dabei<br />

soll es aber zunächst lediglich um solche<br />

Faktoren gehen, die unabhängig von einer<br />

Feinanalyse einzelner Entscheidungsprozesse<br />

günstige Rahmenbedingungen<br />

für derartige Debatten schaffen. Ziel des<br />

folgenden Abschnitts ist es also, Hinweise<br />

darauf zu geben, warum in den letzten<br />

Jahren eine Rekonstruktionsdebatte überhaupt<br />

auf lokaler Ebene eine realistische<br />

Chance hatte, auf breiter Front Fuß zu fassen<br />

und wahrgenommen zu werden. Erklärungsansätze<br />

dahingehend, wie die<br />

hier geschilderten Faktoren im Detail im<br />

Zusammenspiel mit anderen lokalen Rahmenbedingungen<br />

an der Diskussion über<br />

oder der Durchsetzung von Rekonstruktionsvorhaben<br />

mitwirken, sollen der Analyse<br />

der Fallstudien im folgenden Kapitel<br />

vorbehalten bleiben.<br />

4.21 Stärkung der Zivilgesellschaft u<br />

nd des bürgerschaftlichen<br />

Engagements<br />

In der westlichen Welt haben Institutionen<br />

des bürgerschaftlichen Engagements seit<br />

den 1970er Jahren stark an Einfluss auf politische<br />

Entscheidungen gewonnen. Besonders<br />

in Deutschland fand – mit der Studierendenbewegung<br />

der späten 1960er Jahre<br />

als Katalysator – eine weit reichende Modernisierung<br />

und Politisierung der Gesellschaft<br />

statt, im Zuge derer sich eine Vielzahl<br />

basisdemokratischer Bewegungen<br />

und Organisationen gründete. Auch Parteien,<br />

Gewerkschaften und andere Großorganisationen<br />

erlebten damals ein immenses<br />

Mitgliederwachstum (vgl. Faulenbach<br />

2003, Grunenberg 2003: 67–68). Diese Zeit<br />

bezeichnet Faulenbach als „zweite Phase<br />

der Demokratiegründung“ (2003: 61) in<br />

der noch jungen Bundesrepublik, in der<br />

sich eine „mündige Gesellschaft“ (Faulenbach<br />

2003: 57) herauszubilden begann. In<br />

diesem Abschnitt soll dargelegt werden,<br />

in welcher Weise sich die Ausweitung des<br />

bürgerschaftlichen Engagements auf die<br />

Entstehung von Wiederaufbau-Initiativen<br />

ausgewirkt haben kann und welche Motive<br />

den Handlungen der Akteure möglicherweise<br />

zugrunde liegen.<br />

Ebenfalls in den 1970er Jahren wurden<br />

auch die seitdem häufig gebrauchten Begriffe<br />

Zivilgesellschaft und zivilgesellschaftliches<br />

Engagement (oft und auch hier<br />

synonym verwandt: Bürgergesellschaft/<br />

bürgergesellschaftliches oder bürgerschaftliches<br />

Engagement) populär. Trotzdem<br />

ist es bis heute nicht gelungen, allgemeingültige<br />

Definitionen zu etablieren<br />

(vgl. Thierse 2003: 91). Nach Martin und<br />

Sylvia Greiffenhagen handelt es sich bei<br />

der „demokratische[n], diskutierende[n]<br />

und partizipierende[n] Zivilgesellschaft“<br />

(1999: o. S.) um das Idealbild einer politischen<br />

Kultur, das in verschiedenen Staaten<br />

unterschiedlich weit verfehlt wird. Sie<br />

zeichnet sich durch ein besonders ausgewogenes<br />

Verhältnis von Staat, Markt, bürgerlicher<br />

Öffentlichkeit und bürgerlicher<br />

Privatheit aus. Obwohl nie ganz aus dem<br />

Blickfeld der Politikwissenschaften verschwunden,<br />

erlebte die Forschung um<br />

bürgerschaftliches Engagement nach der<br />

Einsetzung einer Enquête-Kommission<br />

des Deutschen Bundestages im Jahr 1999<br />

einen vorläufigen Höhepunkt (vgl. exemplarisch<br />

Gensicke 1999: 73–74). Auf dem<br />

engagierten Bürger bzw. der engagierten<br />

Bürgerin lasten vielfältige und sich stetig<br />

erweiternde Hoffnungen – nicht zuletzt<br />

die, sie könnten in Zeiten chronisch knapper<br />

öffentlicher Kassen und im Zuge eines<br />

fortschreitenden Rückzug des Staates dessen<br />

vormalige Aufgaben teilweise übernehmen<br />

und gleichzeitig eine befürchtete<br />

gesellschaftliche Erosion im Sinne des von<br />

Putnam (2000) für die Vereinigten Staaten<br />

konstatierten „Bowling Alone“ verhindern<br />

(vgl. Gensicke/Picot/Geiss 2006: 35,<br />

Roth 2003: 19). Robert Putnam hatte im<br />

Jahr 2000 mit einer Publikation Aufsehen<br />

erregt, in der er u. a. am Beispiel der sinkenden<br />

Mitgliedszahlen in Bowlingligen –<br />

bei gleichzeitigem Anstieg von Menschen,<br />

die alleine zum Bowling gehen – starken<br />

Rückgang des zivilgesellschaftlichen Engagementsund<br />

des Sozialkapitals in den

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