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Gesellschaftliche Rahmenbedingungen und Hintergründe<br />

19<br />

Der Denkmalpflege kommt somit qua<br />

Amt eine wissenschaftliche Auseinandersetzung<br />

mit Denkmälern, deren Identifikation,<br />

Dokumentation, Erforschung<br />

und Sicherung zu. „Denkmalpflege heißt,<br />

Denkmäler pflegen, bewahren, erhalten,<br />

nicht Denkmäler verfälschen, beschädigen,<br />

beeinträchtigen oder gar gänzwiederum<br />

an eben dieser neuromanischen<br />

Fassung.<br />

Die Diskussion um die Ruine Heidelberger<br />

Schlosses wurde spätestens ab 1882<br />

virulent, als ausgerechnet die Generalversammlung<br />

des Verbandes deutscher Architekten<br />

und Ingenieure (zit. in Hanselmann<br />

2005: 19) es „als eine Ehrenpflicht“<br />

ansah, für ein Wiederherstellung des bereits<br />

im 17. Jahrhundert zerstörten Ottoheinrichsbaus<br />

des Schlosses zu werben. Zu<br />

diesem Zeitpunkt dauerten die teils interpretativen<br />

Restaurierungsarbeiten an einem<br />

anderen Schlossteil, dem Friedrichsbau,<br />

noch an, weshalb der letztlich erzielte<br />

Erfolg der Rekonstruktionsgegner auch als<br />

Bruch mit der bisherigen Tradition gewertet<br />

werden kann. Im Mittelpunkt der Argumentation<br />

hierzu stand eine materielle<br />

Auffassung von Denkmalpflege, die um<br />

Authentizität und nicht um die Idee oder<br />

gar eine Idealisierung bemüht ist. Dabei<br />

schloss die Position auch die Erhaltungswürdigkeit<br />

zeitbedingter Veränderung mit<br />

ein, was letztlich zu dem Grundsatz des<br />

„Konservierens nicht Restaurierens“ führte<br />

und dazu, dass der historische Wert als<br />

prioritär gegenüber anderen Denkmalwerten<br />

einschließlich der künstlerischen<br />

Wertschätzung angesehen wurde.<br />

Dass dies nicht notwendigerweise zum Erhalt<br />

eines Baudenkmals als Ruine führen<br />

musste, zeigt der Fall der Dresdner Kreuzkirche,<br />

die 1897 ausbrannte und in den folgenden<br />

drei Jahren wiedererrichtet wurde.<br />

Allerdings wurde der Innenausbau als<br />

eine damals zeitgenössische Synthese aus<br />

Neubarock und Jugendstil hergestellt, das<br />

Kirchendach zwar in der früheren Form,<br />

jedoch in neuer Konstruktion gebaut. Damit<br />

unterschieden sich die neu errichteten<br />

Teile deutlich von den erhalten Gebliebenen<br />

bzw. dem zerstörten Original<br />

– eine Strategie, die damals der fortschrittlichen<br />

Tendenz innerhalb der Denkmalpflege<br />

entsprach und letztlich 1964 zu<br />

einem Kernbestandteil der Charta von Venedig<br />

wurde. Nahezu zeitgleich wurde in<br />

Hamburg dagegen nach einer ausführlichen,<br />

deutlich gegensätzliche Positionen<br />

enthaltenden Debatte eine rekonstruktive<br />

Maßnahme durchgeführt. Der Außenbau<br />

wurde letztlich weitgehend originalgetreu<br />

wiederaufgebaut, im Inneren musste mangels<br />

einer hinreichenden Dokumentation<br />

des Originals einige Details frei nachgebildet<br />

werden. Wenngleich der Leitgedanke<br />

der einer Orientierung am verlorenen<br />

Vorgängerbau nach Vorbild des 1902 eingestürzten<br />

Campanile di San Marco in<br />

Venedig war, führten neben diesen Einschränkungen<br />

auch Wünsche nach technischen<br />

Verbesserungen und höherwertigen<br />

Materialien dennoch zu erkennbaren<br />

Abweichungen.<br />

3.22 Der Authentizitätsbegriff als<br />

zentrale Kategorie der Denkmalpflege<br />

und seine Wirkungen<br />

Markant an der Heidelberger Debatte ist<br />

allerdings ihr Ende, das auch ein gewisser<br />

Schlussstrich unter die vorangegangenen<br />

Auseinandersetzungen war. Von zentraler<br />

Bedeutung ist nunmehr der Begriff der Authentizität,<br />

der aufgrund der Komplexität<br />

und Veränderlichkeit von Baudenkmalen<br />

hier wesentlich schwieriger zu definieren<br />

ist, als dies für andere historische Zeugnisse<br />

– wie etwa Schriften und Urkunden<br />

– gilt (vgl. hierzu aber auch die Hinweise<br />

zur Echtheit von Reliquien in Kap. 3.33).<br />

Dies zeigt auch die Definition von Petzet<br />

(1994: 1) in seinen „Grundsätzen der Denkmalpflege“:<br />

„Der Begriff der Authentizität bezieht sich<br />

[…] aber nicht nur auf die in einer authentischen<br />

Technik verarbeiteten authentischen<br />

Materialien – die historische Substanz<br />

–, sondern ebenso auf Form und<br />

Gestalt sowie auf die Funktion des Denkmals,<br />

und zwar unabhängig davon, ob es<br />

sich um einen „ursprünglichen“ oder einen<br />

„gewachsenen“ Zustand handelt.<br />

Denn zur Authentizität des Denkmals können<br />

selbstverständlich auch spätere Veränderungen<br />

gehören: der ‚originale‘ Zustand<br />

als Summe verschiedener Zustände,<br />

[...]. Zu beachten ist auch der unauflösliche<br />

Zusammenhang aller Teile des Denkmals<br />

und seiner Ausstattung, die ebenso wenig<br />

wie das ganze Denkmal aus ihrem Zusammenhang<br />

gerissen werden dürfen.“

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