PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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Gesellschaftliche Rahmenbedingungen und Hintergründe<br />
27<br />
Im Jahr 1964 fand der „Second Congress of<br />
Architects and Specialists of Historic Buildings“<br />
in Venedig statt. Auf dieser Fachtagung<br />
wurden Kernprinzipien der Denkmal-<br />
und Ensemblerestaurierung und<br />
-konservierung diskutiert und formuliert.<br />
Mit der Verabschiedung der „Charta von<br />
Venedig“ wurde somit ein Papier geschaffen,<br />
welches den zukünftigen Umgang mit<br />
Denkmälern artikulierte und auf welches<br />
sich bis heute die – insbesondere europälen<br />
Denkmalpflegeinstitutionen statt. Da<br />
sie auf einer vorhandenen ruinösen Substanz<br />
aufbauten, können sie so auch als Teil<br />
der „alltäglichen rekonstruktiven Praxis“<br />
betrachtet werden, zumal sie häufig nicht<br />
den etwa gleichzeitig in der Charta von Venedig<br />
festgehaltenen Prinzipien und ihrer<br />
in Deutschland gängigen Auslegung entsprachen,<br />
weil etwa keine Unterscheidung<br />
zwischen originalen und hinzugefügten<br />
Teilen stattfand.<br />
Abbildung 6<br />
Wiederaufbauvorhaben in Deutschland seit 1975<br />
Verstärkt wurde dieser langfristige Wiederaufbau<br />
dann auch durch das verstärkte<br />
Interesse am Denkmalschutz, dem politischen<br />
Bekenntnis zur „Rettung der Städte“<br />
im Denkmalschutzjahr und den zur<br />
Verfügung gestellten öffentlichen Mitteln.<br />
So brachte die Städtebauförderung in den<br />
1970er Jahren einen wesentlichen Aufwertungsschub<br />
in historische Innenstädte.<br />
Er schlug sich in einer Reihe von Erneuerungsmaßnahmen,<br />
aber auch in Baumaßnahmen<br />
nieder. Im Zuge der Herstellung<br />
von kulturellen Einrichtungen ermöglichte<br />
dies in Einzelfällen den Wiederaufbau<br />
von Ruinen (Neumarkt i. d. Opf., Reitstadel)<br />
oder die Neubesetzung von historisch<br />
bedeutsamen Orten, an denen die frühere<br />
Bebauung abgetragen oder im Krieg zerstört<br />
worden war.<br />
Charta von Venedig, Welterbekonvention<br />
und Authentizitätsanspruch<br />
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs<br />
und den Wiederaufbaudebatten entwickelten<br />
sich Institutionen und Dokumente,<br />
die sich besonders für die authentische Bewahrung<br />
der weltweiten Kulturdenkmäler<br />
einsetzen. Eine ganz offensichtliche und<br />
präsente Position vermittelt die Welterbe-<br />
Initiative der UNESCO (1972), die in Zusammenarbeit<br />
mit dem Internationalen<br />
Rat für Denkmalpflege (ICOMOS) Grundsätze<br />
der historischen Echtheit und Unversehrtheit<br />
formuliert. Auf dem Fundament<br />
der „Charta von Venedig“ (1964) wurde<br />
das „Übereinkommen zum Schutz des<br />
Kultur- und Naturerbes der Welt“ (Welterbe-Konvention)<br />
und seiner Durchführungsrichtlinie<br />
(Operational Guidelines)<br />
verabschiedet, um den außergewöhnlichen<br />
universellen Wert von Kultur und Naturgütern<br />
für die Nachwelt zu sichern. An<br />
dieser Stelle scheint es angebracht zu sein,<br />
darauf hinzuweisen, dass der Begriff der<br />
Quelle: Eigene Darstellung<br />
Authentizität in diesen Dokumenten nicht<br />
vorkommt. „Aber in der so genannten Konvention<br />
[...] ist an keiner Stelle von einer<br />
Authentizität der Denkmale die Rede. Vielmehr<br />
spricht das Übereinkommen mehrfach<br />
von Schutz und Erhaltung des Kulturund<br />
Naturerbes in Bestand und Wertigkeit<br />
(Seidenspinner 2007b: 4 f.).”