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Die aktuelle Fachdebatte – Tendenzen eines inter- und transdisziplinären Diskurses<br />

253<br />

Mit Beginn des 21. Jahrhunderts gewinnt<br />

die Diskussion in den genannten Disziplinen<br />

und mittlerweile auch über die Grenzen<br />

der Fächer hinweg deutlich an Fahrt.<br />

Eine der ersten breiter gelagerten Fachdebatten<br />

stellt wohl die Tagung „Die Schleifung“<br />

dar, die sogleich versuchte, eine<br />

direkte Verknüpfung zur aktuellen Rekonstruktionswelle<br />

zu schaffen. Wie Hans Ottomeyer<br />

(2005: 10) einführend noch ankündigt,<br />

dient das Symposium dazu, die<br />

überlieferte, aber auch weiterhin aktuelle<br />

politische Kultur bzw. Unkultur der Zerstörung<br />

historischer Bauten und Denkmale<br />

– gleichwohl einschließlich ihrer Wiederherstellung<br />

– zu diskutieren und über die<br />

Begriffsdefinition besser zu verstehen. Der<br />

Wunsch der Veranstalter ist es eben nicht,<br />

die lange Diskussion um „denkmalpflegeund<br />

von vielen lokalen Initiativen entsprechend<br />

aufgenommen (vgl. Paulinerkirche<br />

Leipzig, Rathaus Wesel). Bereits<br />

während des ersten Symposiums „Nachdenken<br />

über Denkmalpflege“ begründete<br />

Stefan Hertzig – selber kein Denkmalpfleger<br />

und ursprünglich kein Dresdener – seine<br />

Vorstellung einer populären Wiederaufbautradition<br />

mit dem Dresdener Fall,<br />

wo sie zu zahlreichen, aus seiner Sicht positiven<br />

Ergebnissen geführt habe und über<br />

die letzten beiden Jahrhunderte hinweg<br />

zu einer Situation geführt habe, die zeige<br />

„wie relativ doch der Begriff des Originals“<br />

sei. „Denkmale [dürften] nicht nur<br />

als reine Geschichtsmerkmale betrachtete,<br />

sondern [müssten] genauso sehr auch<br />

als – häufig emotionsbeladene – Zeugnisse<br />

der Kunst und Kultur […] gesehen werden“<br />

– eine Position, die oben bereits in<br />

der Kritik von Hanno Rauterberg analysiert<br />

wurde. Auch müsse die Denkmalpflege<br />

„in der Öffentlichkeit einer Stadt oder<br />

eines Landes verankert“ sein. Diese beiden<br />

Faktoren sicherten letztlich den Fortbestand<br />

der Denkmalpflege, die ansonsten<br />

schnell „‚wertlos‘ und austauschbar“<br />

werde. Schließlich endete er damit, dass es<br />

zwar nicht die primäre Aufgabe der Denkmalpflege<br />

sei, Komplettrekonstruktionen<br />

durchzuführen – hier sei das Gemeinweisen<br />

gefordert –, dass sie aber diese Vorhaben<br />

fachmännischer begleiten solle:<br />

„Gerade die wissenschaftlich arbeitende<br />

Denkmalpflege sollte sich am ehesten darüber<br />

im Klaren sein, was eine Rekonstruktion<br />

zu leisten imstande ist und was nicht,<br />

und die Öffentlichkeit darüber in Kenntnis<br />

setzen, dass jede noch so gut dokumentierte<br />

und ausgeführte Rekonstruktion de facto<br />

ein Neubau ist, der das verlorene Original<br />

weder jemals vollgültig ersetzen noch<br />

Geschichte rückgängig machen kann.“<br />

Es ist insofern nicht verwunderlich, dass<br />

die rekonstruktionskritischen Fachleute,<br />

die ihre ureigenen Argumente so zur<br />

Legitimationsaufforderung gewendet sehen<br />

mussten, anschließend eine – leider<br />

nicht dokumentierte – „erregte“ Diskussion<br />

führten. Darin zeigt sich aber auch,<br />

dass mit der Wiedervereinigung die unterschiedliche<br />

Praxis der Denkmalpflege<br />

in Ost- und Westdeutschland nicht nur<br />

aufeinander treffen, sondern ein Aushandlungsprozess<br />

darüber begonnen<br />

hat, welcher Ansatz sich letztlich bundesweit<br />

durchsetzen wird: Die „phobische“<br />

(vgl. auch insg. Bartezko 24.09.2009) Haltung<br />

der westdeutschen Denkmalpfleger,<br />

die bislang nur in Ausnahmefällen wie<br />

dem Goethehaus oder St. Michael in Hildesheim<br />

zustimmen konnten, oder die im<br />

Umgang teilweise deutlich unbefangeneren<br />

ostdeutschen.<br />

6.2 Die späte Fachdebatte<br />

Trotz der geschilderten, bereits zu Beginn<br />

der 1990er Jahre stark verbreiterten Rekonstruktionstätigkeit<br />

und -vorbereitung<br />

mangelt es zu diesem Zeitpunkt – vor allem<br />

in der Denkmalpflege und der mit ihr<br />

verbundenen Kunstgeschichte – wesentlich<br />

an einer Fachdebatte wie auch insgesamt<br />

an einer wissenschaftlichen Aufarbeitung<br />

des mehr und mehr deutlich<br />

werdenden Phänomens. Allerdings halten<br />

sich zu diesem Zeitpunkt auch die Baufertigstellungen<br />

in Grenzen. Somit fehlen<br />

konkrete Ergebnisse, die einer kritischen<br />

Betrachtung unterzogen werden könnten<br />

und herrschen weiterhin die Debatten<br />

über geplante Vorhaben an, die die Denkmalpflege<br />

vor Ort auf die Probe stellen, in<br />

der Fachwelt aber eher in einzelnen Artikeln<br />

besprochen werden. Etwas anders ist<br />

das in der nicht weniger stark betroffenen<br />

Architektenschaft: Hier ist man gewohnt,<br />

auch über nur im Entwurf existierende<br />

Bauten zu diskutieren. Entsprechend findet<br />

sich hier bereits 1994 eine Ausgabe der<br />

Bauwelt zum Thema.

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