PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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Die aktuelle Fachdebatte – Tendenzen eines inter- und transdisziplinären Diskurses<br />
273<br />
Öffentliche Diskussion<br />
Trotz der von Seils (29.11.2009) attestierten<br />
Debattenmüdigkeit der Bürgerinnen<br />
und Bürger berichtet Nikolaus Bernau<br />
(30.12.2008) von einem sehr regen Interesse<br />
an der Ausstellung der Wettbewerbsergebnisse<br />
und über „Menschen [, die …] debattieren,<br />
die Arbeiten vergleichen, sich<br />
begeistern oder schockiert sind“. Genauere<br />
Angaben über Umfang und Zusammensetzung<br />
der Besucherschaft liegen allerdings<br />
nicht vor, wenngleich aus eigener<br />
Beobachtung die von Bernau vorgetragene<br />
Einschätzung in vollem Umfang bestätigt<br />
werden kann.<br />
Auch ist von einer erheblichen Resonanz in<br />
Form von Leserbriefen, Einträgen in Internetforen<br />
etc. auszugehen, deren umfassende<br />
Auswertung allerdings nicht möglich<br />
gewesen ist. Erste Eindrücke ergeben eine<br />
Teilung in Rekonstruktionskritiker, die<br />
sich auch kritisch gegenüber dem Entwurf<br />
von Stella äußern, und Rekonstruktionsbefürwortern,<br />
die entweder den Schluss<br />
der Debatte und einen Baubeginn fordern,<br />
am Siegerentwurf die zusätzlichen<br />
Rekonstruktionen von Kuppel und Eosanderhof<br />
oder fehlende Wiederherstellung<br />
von „Schlüterecke“ und Apothekenflügel<br />
(vgl. auch AIV 20.1.2009) hervorheben oder<br />
aber die vollständige Rekonstruktion fordern.<br />
Interessanterweise scheint von Seiten<br />
der grundsätzlichen Befürworter keine<br />
dezidierte Kritik an den modernen Teilen<br />
des Wettbewerbsergebnisses formuliert zu<br />
werden.<br />
Architekturkritik<br />
Erhebliche Kritik wird hingegen aus der<br />
Fachwelt geäußert. Die wesentliche Arena<br />
für die Architekturkritik bilden dabei<br />
vor allem die Feuilletons der Tages- und<br />
Wochenpresse sowie die Bauwelt-Ausgabe<br />
vom 16. Januar 2009 (Ausgabe 3/2009),<br />
in der einerseits Sebastian Redecke ausführlich<br />
die Entwürfe von Stella und Kuehn<br />
Malvezzi (Sonderpreis) beschreibt sowie<br />
kurz auf die dritten Preise eingeht und<br />
zudem mehrere Jury-Mitglieder zu Wort<br />
kommen.<br />
Noch am Tag der Preisverleihung gehen<br />
Anja Lösel (28.11.2008) und Günter Kowa<br />
(28.11.2008) hart mit dem ersten Platz ins<br />
Gericht, während sich Severin Weiland<br />
(28.11.2008) moderater zeigt. Für Lösel<br />
ist das Ergebnis „kein großer Wurf“, eher<br />
schon ein „Kompromiss und ‚kleinste[r]<br />
gemeinsame[r] Nenner‘“ – nur aus Feigheit<br />
habe man den Sonderpreis nicht zum Sieger<br />
erklärt. So sei sogar die „Chance vertan“<br />
worden, eine Kuppel ähnlich der des<br />
Reichstags auch auf dem Stadtschloss zu<br />
haben. Noch deutlicher wird Kowa, als<br />
er über die reduzierte Formensprache<br />
schreibt: „Man kann das formstreng oder<br />
blutleer nennen – doch mit Blick auf Stellas<br />
Entwurf für den Schlossbau entschieden<br />
Letzteres“. Weiland hingegen lobt vor<br />
allem die zusätzlichen Rekonstruktionen,<br />
empfindet den Kontrast der rationalistischen<br />
Architektur aber teilweise als<br />
„zu klobig, so dass man sich am Ende eine<br />
Komplettrestaurierung [sic] gewünscht<br />
hätte“, so dass Stella in seinen Augen gar<br />
den Beweis liefert, „dass die Moderne keine<br />
überzeugende ergänzende Sprache zum<br />
Historischen findet“. Positiv erwähnen allerdings<br />
sowohl er als auch Lösel den neuen<br />
Durchgang zwischen Lustgarten und<br />
ehemaligem Staatsratsgebäude. Die am<br />
weitesten gehende Analyse des Siegerentwurfs<br />
unter den ersten Artikeln liefert Robert<br />
Trebor (01.12.2008) im Internetmagazin<br />
„deutschlandpuls“, der darauf verweist,<br />
dass nur auf den ersten Blick die zusätzlichen<br />
Rekonstruktionen eine „Reverenz vor<br />
dem Konservativismus der Auslober“ gewesen<br />
seien, sie aber schließlich Radikalisierung<br />
der Chimäre von alt und neu sei.<br />
Maßgebliche Diskussionsbeiträge kommen<br />
mit etwas Abstand von Hanno Rauterberg<br />
(4.12.2008) und durch Hans Stimmanns<br />
(17.12.2008) Antwort darauf. Rauterberg<br />
greift erneut das von Seils (29.11.2008) vorgetragene<br />
Argument der Feigheit auf, indem<br />
er Stellas Entwurf und seine Wahl<br />
als ein „Monument der Ängstlichkeit“ beschreibt.<br />
Andernfalls müsse „die Wettbewerbsjury<br />
[…] blind gewesen sein“. Auch er<br />
geht so weit wie Kowa (28.11.2008), „dann<br />
doch lieber die Totalrekonstruk tion“ zu<br />
wollen. Insbesondere nach der langen<br />
Auseinandersetzung mit dem Wiederaufbauvorhaben<br />
und Ort erscheine das Wettbewerbsergebnisse<br />
als böse Überraschung<br />
und „auf desaströse Weise engherzig und<br />
mutlos“. Dabei seien die zeitgenössischen<br />
Anteile an Stellas Entwurf „weit ahistorischer“<br />
als die rekonstruierten: Der italienische<br />
razionalismo habe etwas Totali