PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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224 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />
Argumenten in den Kontext der emotional<br />
aufgeladenen Frankfurter Rekonstruktionsdebatten<br />
nachgespürt, die nach der<br />
Wiederherstellung von Alter Oper, Römerberg<br />
Ostzeile und Stadtbibliothek insbesondere<br />
um das so genannte Dom-Römer-<br />
Areal (bzw. die „Altstadt“) geführt wird.<br />
Diese dienen zur Einordnung des Wiederaufbauvorhabens<br />
in die geführten Debatten.<br />
Der Leiter der Lokalredaktion der Frankfurter<br />
Rundschau, Matthias Arning<br />
(22.09.2009), geht davon aus, dass das Gebäude<br />
für die Frankfurter Bevölkerung keine<br />
Rolle für die Identifikation mit der Stadt<br />
gespielt habe, die Initiative vom Technischen<br />
Rathaus ausging, die Diskussion<br />
und der Entscheidungsprozess anschließend<br />
eine „Inner-Circle-Debatte“ der Vertreter<br />
der Stadtpolitik blieb und sich daraus<br />
das Desinteresse der Bevölkerung an<br />
der Debatte begründe. Der Entscheidungsprozess<br />
zum Wiederaufbau führte nach<br />
außen hin zu „undurchsichtigen, schwierig<br />
nachzuvollziehenden“ Entscheidungswegen,<br />
die gleichzeitig mit einer großen<br />
Wirkungsmacht der Entscheidungsträger<br />
zur Durchsetzung dieses und auch anderer<br />
Wiederaufbauprojekten verbunden seien.<br />
Für Arning liegt hier einer der Hauptgründe<br />
vor, dass im Vergleich zu den<br />
anderen Frankfurter Rekonstruktionsvorhaben<br />
die Beschäftigung mit dem Palais<br />
nicht zu emotional aufgeladenen Debatten<br />
innerhalb der Frankfurter Bevölkerung<br />
geführt habe und ein „öffentlicher Aufschrei“<br />
ausblieb. Nach außen hin haben in<br />
seiner Wahrnehmung die vom „Inner Circle“<br />
diskutierten Aspekte der Standortfaktoren<br />
und der der Innenstadtentwicklung<br />
bzw. Einzelhandels- und Dienstleistungsentwicklung<br />
eine weitaus größere Rolle gespielt.<br />
Ein anderer Interpretationsansatz<br />
Arnings besteht in der vagen Annahme,<br />
dass die Rekonstruktion des barocken Gebäudes<br />
als Teil eines Gesamtensembles,<br />
das wenige Jahrzehnte zuvor als Monument<br />
des Fortschritts der 1950er/1960er<br />
Jahre galt, den Anfang zur Entsorgung der<br />
radikalen Nachkriegsmoderne dieser „bestimmten<br />
Kreise“ darstelle (Anm.: Der Abriss<br />
des Technischen Rathauses, des Zürichhochhauses<br />
und der Großmarkthalle<br />
sind Arning zufolge andere Beispiele). In<br />
diesem Zusammenhang entstehe in der<br />
aktuellen Rekonstruktionsdebatte der Ein<br />
druck, dass es für diese Gruppe ein „ungefähres<br />
Gefühl nach Sehnsucht nach Geschichte<br />
und nach einer Heimat“ geben<br />
könne, dabei würden gleichzeitig „Geschichtsvergessenheit<br />
und Geschichtsversessenheit“<br />
grassieren. Arning vermutet,<br />
dass diese Gruppe nun nach neuen Identifikations-<br />
und Orientierungspunkten sowie<br />
Koordinaten in einer sich baulich rasant<br />
verändernden Großstadt suche.<br />
Nach Einschätzung des hessischen<br />
Landeskonservators Christoph Mohr<br />
(23.09.2009) liegt das geringe Interesse<br />
der Frankfurter am Schicksal des barocken<br />
Gebäudes im geschichtlichen Entstehungskontext<br />
des Gebäudes selber begründet.<br />
Er führt als mögliche Erklärung<br />
an, dass in der damaligen Freien Reichsstadt<br />
Frankfurts die Bürger den Bau einer<br />
fürstlichen Residenz des Adels ablehnten<br />
und das Bauwerk nicht annahmen (vgl.<br />
dazu Kap. 1.1. zur Baugeschichte). Es bestehe<br />
deshalb auch heute keine Beziehung<br />
der Frankfurter zum Gebäude oder etwa<br />
eine Verankerung im Geschichtsbewusstsein.<br />
Eine weitere Erklärung liegt in der<br />
Tatsache der frühzeitigen Beräumung der<br />
zerstörten Reste, mit der auch „die historische<br />
Kontinuität und Authentizität“ verloren<br />
gingen. Das Stadtschloss geriet daraufhin<br />
in der Nachkriegszeit in Vergessenheit.<br />
Zwar würde die relativ große Gruppe der<br />
älteren Generation das Gebäude noch kennen,<br />
die die Kriegszerstörungen und den<br />
unmittelbaren Wiederaufbau der 1950er<br />
Jahre miterlebt habe, die „Liebe der Frankfurter“<br />
stürze sich nun aber auf die im<br />
Zweiten Weltkrieg untergegangene, kleinteilige<br />
Altstadt, die nach der Errichtung<br />
der Römer-Ostzeile nun als verloren gegangenes<br />
„schönes Bild“ empfunden wird.<br />
Mittlerweile schwindet die ältere Generation,<br />
die Empfindung des „schönen Bildes“<br />
gehe nun aber an die jüngere Generation<br />
über, die seiner Auffassung nach bald<br />
unreflektiert dieses „unechte Bild“ akzeptieren<br />
wird. Die Unechtheit bestehe seiner<br />
Auffassung nach vor allem im „Fassadismus“,<br />
der aus den heutigen Bauvorschriften<br />
resultiere. Trotzdem geht Mohr davon<br />
aus, dass aus diesem Grund die Frankfurter<br />
Bevölkerung die Erschaffung neuer<br />
geschichtlicher Gebäude akzeptieren<br />
wird. Eine Analogie bestehe in der Tatsache,<br />
dass schließlich Altstadt und das barocke<br />
Stadtschloss eine zukünftige Tou