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180 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />

denzen des sozialistischen Regimes in einem<br />

noch stärkeren Maße säkularisiert<br />

und spielen christliche Religion und Kirche<br />

innerhalb Stadtgesellschaft noch marginalisiertere<br />

Rolle, als dies für vergleichbare<br />

Städte in Westdeutschland gelten<br />

würde. Dadurch stellt sich zum einen die<br />

Bedarfsfrage für eine neue Kirche (wenngleich<br />

als Universitätskirche zunächst<br />

nicht Teil des Kirchspiels) anders dar und<br />

besteht offenbar auch in den Verwaltungsspitzen<br />

von Stadt und Universität eine<br />

grundsätzlich ambivalente oder gar ablehnende<br />

Haltung gegenüber kirchlichen Belangen.<br />

In öffentlichen Äußerungen von<br />

Privatpersonen, aber auch solchen der<br />

Bürgerinitiative „Für eine weltoffene, weltliche<br />

und autonome Universität Leipzig“<br />

werden diese zuweilen sogar als „ideologisch“<br />

bezeichnet bzw. verwahrt man sich<br />

gegen eine „ideologische Vereinnahmung“<br />

(www.buerger-pro-uni.de). Entsprechend<br />

sehen Schroth/Tesch (26.8.2009) das langwierige<br />

Verfahren lediglich als einen Weg,<br />

die Errichtung einer Kirche mit Mitteln<br />

des Hochschulbaus durchzusetzen. Der<br />

wohl deutlichste Ausdruck dieser Haltung<br />

findet sich im Ausdruck der „kalten<br />

Christianisierung“, der nach der Entscheidung<br />

zum Wiederaufbau durch die Landesregierung<br />

vom SPD-Landtagsabgeordneten<br />

Cornelius Weiss geprägt wurde (vgl.<br />

Koch/Koch 2006: 12). Auch wird es als das<br />

(alleinige) Recht des Bauherrn – der Universität<br />

– angesehen, über die Nutzung zu<br />

entscheiden. (Schmidt-Lux 2009) Andererseits<br />

konnten die christlichen Kirchen und<br />

kirchliche Kreise sich in der Leipziger Diaspora<br />

offenbar relativ gut als Gemeinschaft<br />

organisieren und vernetzen, die<br />

sich auch des Öfteren politisch äußerte.<br />

Nicht vergessen werden soll hier, dass die<br />

christlichen Kirchen und religiöse Gruppen<br />

in Leipzig mehr noch als in der übrigen<br />

DDR einen wesentlichen Beitrag zur<br />

politischen Wende der Jahre 1989/90 geleistet<br />

haben (vgl. Wolff 10.9.2009). Daraus<br />

ist wohl auch ein ausreichendes Selbstbewusstsein<br />

erwachsen, um die Forderung<br />

nach einem neuen Kirchenbau innerhalb<br />

der Stadt Leipzig bzw. einer Universitätskirche<br />

für die Universität zu erheben. Hinzu<br />

kommen entsprechende Fakultäten<br />

und Studierendengemeinden als potentielle<br />

Nutzer. Hauptargument der Befürworter<br />

einer neuen Universitätskirche ist<br />

die diesbezügliche Tradition der Leipziger<br />

Universität bis zur Sprengung der Kirche<br />

1968. Die hierin gesehene Verbindung von<br />

Wissenschaft und Religion habe sich überaus<br />

positiv auf die Entwicklung der Universität<br />

ausgewirkt und stände Weltoffenheit<br />

und Autonomie nicht entgegen – im<br />

Gegenteil: Die Freiheit der Wissenschaft<br />

sei ebenso ein Kennzeichen demokratischer<br />

Gesellschaften wie die Religionsfreiheit.<br />

Dem allerdings wird weiterhin die<br />

veränderte Bedeutung der Theologie an<br />

der sich grundlegend reformierenden Universität<br />

entgegen gehalten.<br />

In der ästhetischen Auseinandersetzung<br />

zwischen moderner und traditioneller Architektur<br />

sieht Schmidt-Lux (2009) zu<br />

Recht eine weniger prominente Konfliktlinie.<br />

Während diese Kontroverse in anderen<br />

Wiederaufbauvorhaben zumindest<br />

zentral behandelt wird und in der Lage ist,<br />

andere Konflikte zu überdecken, scheint es,<br />

dass diese Diskussion in Leipzig zumindest<br />

zunächst kaum geführt wurde und<br />

eigentlich erst in den vergangenen Jahren<br />

seit der Entscheidung für den Entwurf van<br />

Egeraats wichtiger geworden ist. Dies mag<br />

vor allem darin begründet liegen, dass die<br />

Positionen weit weniger gegensätzlich ausgeprägt<br />

sind und damit nicht in voller Härte<br />

aufeinander prallen. So weist Schmidt-<br />

Lux (2009) insbesondere darauf hin, dass<br />

niemals eine strikt moderne Gegenposition<br />

formuliert worden sei – obgleich der<br />

Entwurf von Behet und Bondzio auch aufgrund<br />

der Assoziation mit dem „Bilderwürfel“<br />

durchaus als solche verstanden<br />

wurde. Richtig ist allerdings, dass die Position<br />

zeitgenössischer Architektur stets<br />

deren Vermittlungspotenzial betonte und<br />

um historischen Bezug bemüht war, während<br />

sie die moderne DDR-Architektur<br />

des Bestandes ebenfalls ablehnte. Ein Erhalt<br />

scheint – mit Ausnahme des nicht zur<br />

Disposition gestellten Henselmann-Hochhauses<br />

(City-Hochhaus) – niemals gefordert<br />

worden zu sein. Die einzige Auseinandersetzung<br />

dieser Art wurde um das am<br />

Universitätsgebäude an exakt der Stelle, an<br />

der in der Westfassade der der Paulinerkirche<br />

das Kreuz zu sehen war, befestigte<br />

Karl-Marx-Relief geführt. Dabei wurden<br />

sämtliche Positionen von Erhalt an gleicher<br />

Stelle, Translokation, Integration in<br />

ein kritisches Mahnmal und Zerstörung<br />

vorgetragen. Schmidt-Lux (2009) sieht in

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